Ankommen
Oft schon war ich im Hermannshof in Weinheim an der Bergstraße zu Gast. Als ich das letzte Mal im Sommer 2022 den Schaugarten betrat, fiel mir ein, dass ich diesen wunderbaren Ort noch nie auf meiner Website vorgestellt habe und dass das nun tatsächlich überfällig ist.
War es ein gutes Omen, dass der Gartenchef Prof. Cassian Schmidt mir gerade aus dem Gärtnerhaus entgegenkam, als ich in sein Büro wollte, um zu fragen, ob ich aus dem Hermannshof in Wurzerlsgarten berichten und Fotos zeigen darf? Dieser Schaugarten ist in Privatbesitz, darum ist das Einholen dieser Erlaubnis unumgänglich. Da mich Prof. Schmidt schon von früheren Begegnungen her kannte, war sie nun Gott sein Dank, eher eine Formsache. Ich durfte!
Narcissus jonquilla ‘Sailboat’ – Hasenglöckchen läuten den Frühling ein – Narcissus ‘Edna Earl’, kleinkronige Narzisse
So viele Fotos, wie im letzten Sommer hatte ich noch nie im Hermannshof gemacht. Ich freute mich auf diesen Beitrag, denn ich liebe diesen Garten genauso, wie Weihenstephan in Freising. Nur, ich hatte noch so viele davor fotografierte Gärten im Archiv, die wollte ich zuerst abbauen. Nun ist es Februar und als ich die Frühlings-Bilder mit der Tulpenblüte sehe, steht bei mir fest, der Sommer im Hermannshof muss warten. Ich möchte Euch lieber Farbe und Vorfreude auf Euren eigenen Garten-Frühling mit den Tulpen des Schaugartens zeigen.
Der Hermannshof misst 2.2 Hektar, mittendrin steht ein klassizistisches Herrenhaus, ein Stück davor das Gärtnerhaus. Die Gartentradition hier reicht über mehr als 200 Jahre zurück. 1888 erwarb die Familie Freudenberg das Anwesen. Zwischen 1981 und 1983 wurde das Gelände zu einem öffentlichen Schau- und Sichtungsgarten für Stauden umgestaltet. Neben der Unternehmensgruppe Freudenberg ist auch die Stadt Weinheim in den Unterhalt der Anlage involviert.
Das lange Bestehen des Gartens bescherte ihm im Laufe der Zeit einen besonders beeindruckenden Baumbestand mit Solitären, die bis zu 240 Jahre alt sind. Das wären die Orientalische und Ahornblättrige Platane; auf 130 Jahre bringt es die Brautmyrthe. Atlaszedern mit über 110 Jahren und ein wirkungsvoll zentral platzierter Mammutbaum, der mehr als 120 Jahre zählt, prägen ganzjährig den Garten. Anlässlich meines Besuches Ende April zur Tulpenblüte sind die verschiedenen Judasbäume, Blumenhartriegel und zwei 120 Jahre alte Magnolienbäume (Yulan- und Tulpen-Magnolie) der perfekte Rahmen für den Frühling im Hermannshof. Aus dem Schattengarten leuchten Rhododendren und Fothergilla heraus.
Tulpen, Tulpen, Tulpen
Der weitläufige Hermannshof hat zwei Zugänge. Der Eingang Grabengasse ist sicher der praktischere, wenn man von einem der zahlreichen Restaurants am Marktplatz kommt, oder hin möchte. So betritt man den Hermannshof an seinem höchsten Punkt und gelangt dann über den Gehölzgürtel in die sonnigen Bereiche des Präriegartens oder der Freiflächen.
Genau gegenüber am anderen Ende befindet sich der Haupteingang Babostraße. Einen Parkplatz zu finden ist an beiden Eingängen möglich, aber durch das strikte Einbahnstraßen-System der Altstadt, meist zeitaufwändig. Ich betrete den Garten gerne über die Babostraße. Da werde ich sofort von den sonnenumspielten Beeten des Paeoniengartens empfangen. Ich sehe eine frische, weiß-gelbe Tulpen-Ansammlung, von Tulipa ‘Yellow Spring Green’, T. ‘Green Star’, T. ‘Spring Green’ und anderen, die von den rotlaubigen Austrieben der Paeonien zum Leuchten gebracht werden. Ich liebe das routiniert geplante Farbenspiel, das sich in vielen Lebensbereichen im Hermannshof findet. Die Nordamerikanischen Beet-Stauden sind gegenüber noch durch Gehölze verborgen.
Bevor ich mich zum prächtigen Tulpenmeer der Staudenbeete begebe, schaue ich noch bei der Glyzinien-Pergola vorbei, die seit 1924 alljährlich die Betrachter verzaubert. Ich kann schon eine leichte Verfärbung der noch kompakten, knospigen Blühtrauben von Wisteria sinensis und W. floribunda ‘Multijuga’ ausmachen. Momentan halten allerdings nur die Hasenglöckchen das strahlende Blau, das die Wisteria verspricht. Aus den Beeten nebenan leuchtet mich immer wieder die weiße Tulpe ‘White Triumphator’ an. Sie ist eine elegante Begleiterin gleichzeitig blühender Gehölze, wie Zierapfel, oder Judasbaum.
Interessant ist die Art, wie die Tulpen im Herbst gesetzt werden. Genau festgelegt werden lediglich die Sorten nach verschiedenen Farb-Schemen. Diese werden dann in der Regel miteinander vermischt und mehr oder weniger auf die Fläche geworfen, wo sie dann gepflanzt werden. Entsprechend natürlich wirkt das Erscheinungsbild der Tulpen, selbst bei wenn sie dicht an dicht gepflanzt werden.
Tulipa ‘Havran’ – harmonisch zusammengestellte Farben schweben über dem Myosotisblau – Tulipa ‘Alibi’
Während ich durch die Staudenbeete und später den Mediterranen Steinhügel entlang flaniere, bin ich sehr von der Tulpenzwiebel-Auswahl angetan. Dieses Tulpenmeer ähnelt in keinster Weise dem Sortenangebot z.B. des Keukenhofs in den Niederlanden. Verführerische, ins Auge springende Überzüchtungen, die nur Unruhe und Disharmonie auf diesen großen Flächen erzeugen würden und meist schon im zweiten Jahr völlig versagen, fehlen im Schaugarten völlig. Um Euch den Unterschied der Pflanzmethoden und Sortenauswahl zu demonstrieren, werde ich nächsten Freitag genau das Gegenteil zeigen und vom “Lale-Festival” in Istanbul berichten. Eigentlich wollte ich tatsächlich den Keukenhof als gegenteiliges Beispiel (das nicht negativ ist, sondern einfach einen anderen Geschmack bedient) zeigen, aber unter dem Eindruck des schrecklichen Erdbebens, das sich gerade im Grenzbereich Türkei-Syrien ereignet hat, habe ich mich zum Gedenken an die vielen Opfer für Istanbul entschieden.
Darwin-Hybrid-Tulpen sind langlebig und vermehrungsfähig. Im Sichtungsgarten haben sich z.B. ‘Parade’,
‘Golden Parade’ sowie ‘Apeldoorn’, ‘Beauty of Apeldoorn’ und ‘Golden Apeldoorn’ bewährt.
Prof. Cassian Schmidt setzt im Hermannshof hauptsächlich auf die bewährten Zwiebeln von Viridiflora-Tulpen, die Lilienblütigen und Darwin-Tulpen. Dazu kommt das Ausprobieren neuerer Blumenzwiebeln und eine Anzahl von Natur-Arten und -Sorten. In meinem schon älteren Tulpen-Beitrag beschrieb ich gleiche oder ähnliche Arten und Sorten, als die zuverlässigsten, die nicht schon nach einem Jahr ausfallen, sondern manchmal sogar einen kleinen Zuwachs verzeichnen können. Wer seine eigenen Tulpen genau beobachtet, kann sicher ähnliches bestätigen.
Natürlich gibt es im Hermannshof ganz andere Möglichkeiten, die Beständigkeit von neuen Sorten zu prüfen, als ich sie in meinem kleinen Garten habe. Trotzdem ist das Ergebnis für mich einfach nachvollziehbar. Vielleicht sollte ich kurz eine Erläuterung einfügen, was es mit dem an sich klassischen Begriff “Sichtungsgarten” in Bezug auf den Hermannshof auf sich hat. Wer einen Sichtungsgarten, wie z.B. Weihenstephan kennt, hat wohl auch von seinem Gründer Prof. Richard Hansen und seiner Lehre über die Lebensbereiche der Stauden gehört. Gerade Prof. Hansen verfasste 1979 ein Konzept, für die: “Neue Aufgabe für den Hermannshof…”.
Tulipa ‘Queen of Sheba’, rot, Tulipa ‘Westpoint’ gelb – Tulipa ‘Shirley’ – Tulipa ‘Red Georgette’
Weihenstephan diente dabei nur als Anregung, denn in Weinheim wurde ein völlig neuer Typus von Sichtungsgarten geplant. Anstatt die Sortimentsprüfung in den Vordergrund zu stellen, werden die sieben Lebensbereiche im Hermannshof als Grundlage für die Verwendungssichtung genutzt. Auf verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Begleitpflanzen werden die pflegetechnischen und ökologischen Aspekte, sowie die ästhetische Wirkung und die gestalterischen Möglichkeiten mit anderen Stauden geprüft.
Tulipa ‘Elisabeth Arden’ – Tulpenfrühling im Hermannshof – Tulipa ‘Beauty of Appledoorn’
Ich betrachte das Ergebnis, das sich jedes Frühjahr vor den begeisterten Besuchern des Schaugartens ausbreitet, tatsächlich als kleine, feine Kunstwerke. Selbst bei dichter Anordnung der Zwiebeln wirken die Beete noch einigermaßen natürlich und niemals patzig. Der Tulpenfrühling des Hermannshofes in Weinheim ist für mich immer wieder ein inspirierendes Wunder.
Botanische Tulpen
Nachdem ich das Prinzip von Prof. Hansens Lehre über die Lebensbereiche erwähnt habe und die wichtige Rolle, die diese im Sichtungsgarten Hermannshof spielen, aufzählte, möchte ich die sieben Bereiche, die man hier vorfindet, gerne auflisten.
1. Gehölz – 2. Gehölzrand – 3. Wasser – 4. Wasserrand – 5. Freifläche – 6. Beet -7. Steinanlage
Die bisher vorgestellten Bereiche betrafen hauptsächlich die Freiflächen und Beete. Die Botanischen Tulpen finden sich dagegen bevorzugt in der Felssteppe.
Tulipa bakeri ‘Lilac Wonder’, Kreta-Tulpe – Tulipa ‘Queen of Sheba’, Lilienblütige Tulpe – Tulipa clusiana var. chrysantha, Damen-Tulpe
Als Botanische Tulpen bezeichnet man die natürlichen Wildtulpen und Züchtungen die aus diesen Wildformen stammen. Sie kommen eigentlich aus Vorderasien und werden seit ungefähr 500 Jahren in Europa kultiviert. (Auch das spricht natürlich für einen Bericht aus der Türkei am nächsten Freitag).
In der Felssteppe, beschützt von der malerisch gewachsenen Reichblütigen Ölweide, Elaeagnus multiflora, scheinen die Tulpen einen fröhlichen Frühlingstanz aufzuführen, was an einem Hang natürlich besonders lebhaft wirkt. Im Hermannshof finden sich einige bewährte Wildtulpen: T. clusiana, T. clusiana var. chrysantha, ‘Cynthia’ und ‘Peppermintstick’, T. bakeri ‘Lilac Wonder’, Tulipa batalinii ‘Bronze Charm’ und ‘Honky Tonk’, in der Aufzählung darf T. orphanidea ‘Whittallii’ nicht fehlen.
Ja, nun fehlt nur noch die Adresse, damit Ihr wisst, wo Ihr den Frühling pur, wie in selten einem anderen Garten willkommen heißen könnt. Und das schon im April, denn der Hermannshof ist vom Klima begünstigt. Am besten, wenn Ihr eine weitere Anreise habt, schaut doch auf der Website des Hermannshofes nach, wie weit die Blüte fortgeschritten ist:
Website: https://sichtungsgarten-hermannshof.de/
Adresse: PLZ 69469 Weinheim, Babostr. 5
Ihr interessiert Euch für die Tulpenhistorie und die Tulpomanie in Holland? Dann habe ich hier weiteren Lesestoff für Euch:
Tulpenblüte im Hermannshof, Weinheim – Wurzerls Garten
Jetzt habt Ihr so richtig Lust bekommen, Euren eigenen Tulpenbestand aufzustocken? Dann schaut noch gerne hier:
Tulpenzwiebeln setzen – lohnt das für 1 Jahr? – Wurzerls Garten
8 Kommentare
Guten Morgen, liebe Renate,
es könnte keinen besseren Zeitpunkt geben, diese Fotos zu zeigen. Wir alle sehnen uns nach dem Frühling und diese Farben machen solche Vorfreude! Diese Blütenfülle und die hübschen Kombinationen sind herrlich anzusehen. Einen guten Start ins Wochenende wünscht dir
Susanna
Liebe Susanna, ich glaube, die Sehnsüchte von Gartenmenschen sind alle sehr ähnlich, lach. Ich wünsche Dir auch ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Wunderschöne Eindrücke und Anregungen machen Vorfreude auf den Frühling.Ich war auch schon Mal da in einer blüharmeren Zeit.eEs hat mich sehr beeindruckt und ich möchte Weinheim nochmal besuchen ..Renate Dankeschön 😍
Liebe Karin, für Dich und Deinen Garten wären wohl die Prärie-Stauden das richtige Ambiente, ich drücke die Daumen, dass Du das auch schaffst. LG Wurzerl
Ach wie schön sind Deine Bilder und Texte wieder, liebe Renate!!! Heute pustet hier ein kalter Wind im Wesertal, der vorhin ein paar Schneeflocken ums Haus jagte! Da kam Deine Reportage also genau richtig 😍! Lieben Dank dafür!
Helma aus dem Weser-Landhausgarten
Lach, ja muss mich gleich selber loben für das Timing. Ich bin nicht versucht dauernd in den Garten zu gucken, wo hunderte Elfenkrokusse einfach nicht aufmachen wollen, weil zu wenig Licht ist. Und es soll noch kälter werden, also werde ich mich, ganz expressionistisch nächsten Freitag nochmal steigern, das ist mit dem Lale-Festivali in Istanbul dann auch keine Kunst. LG und schönes WoE Wurzerl
Hallo Renate,
so tolle Bilder!
Die Anlage steht ganz oben auf meiner Wunschliste der Gärten, die ich noch besuchen möchte. Hoffentlich klappt es irgendwann mal.
VG
Elke
Ich wünsche es Dir liebe Elke, der Garten ist unwahrscheinlich inspirierend, was für große Gärten nicht wirklich leicht zu schaffen ist. LG Wurzerl