Im Vorgarten von Wurzerls Garten
Auch wenn jetzt die Jahreszeit beginnt, in der sich das Gartenleben mehr und mehr innen im Wintergarten abspielt, so lohnt es sich auf jeden Fall jetzt draußen noch ganz genau hinzusehen. Es ist jedes Jahr die gleiche spannende Frage: Indian Summer, Herbstfeuer, Goldener Oktober oder einfach nur stiller Rückzug der Natur in den Winterschlaf? Die Antwort darauf finde ich im Vorgarten auf dem Moos der Steinlaternen.
Meist ist das Novemberwetter entweder neblig, oder mit einem knallblauen Himmel und blendender Sonne aufwartend. Der Großteil des Laubs ist in dieser Zeit bereits von den Bäumen abgefallen. Darum liebe ich das letzte Drittel des Oktobers mit seinem besonderen Licht mehr. Auch im Oktober ist das Licht oft etwas diffus und nicht immer strahlend, aber sobald eine kleine Wolkenlücke aufmacht, funkeln die bunten Blätter im Garten auf wie Edelsteine.
Mein Vorgarten ist in dieser Zeit voll mit solchen goldorangenen und roten Edelsteinen. Neben Immergrünen wie Kiefer, Bambus und panaschiertem Buchs lag mein Hauptaugenmerk bei der Gehölz-Auswahl auf schönlaubigen Herbstfärbern, wie goldgelbem Gingko, rotem japanischen Fächerahorn oder orangenem Federstrauch (Fothergilla).
Auch die Stauden haben sich die herbstliche Mal-Palette angeschaut und sitzen eifrig vor dem Schminkspiegel. Im Vorgarten konzentrierte ich mich auf Hostas, Gräser und Farne. Blüten sind in einem meditativen Asia-Garten generell nicht wichtig, wenn man mal von der Kirschblüte absieht.
Die Kiesfläche der Kranichinsel schmückt sich jeden Tag mit mehr herunterfallendem Laub. Seit einem Jahr wird dieses “steinerne Meer” von 3 wunderschönen Skulpturen aus ostfriesischer Mooreiche belebt. Diese Eichen-Fragmente wurden wohl bei Straßenbau-Arbeiten aus dem Moor geborgen. Bei mir dürfen sie jetzt wieder in den stahlblauen Himmel schauen.
Der hintere Teil von Wurzerls Garten
Genau das gleiche macht im hinteren Garten meine Moor-Birke. Ihr Gold überschüttet erst den Baum und zwei Wochen später die Wiese. Ich warte mit dem Mähen immer auf diesen Moment. Der Schnitt kommt unter die Sträucher und auf die empfindlicheren Stauden.
Ende Oktober stehen meine Pelargonien noch auf der Terrasse, inzwischen sind sie in die Garage umgezogen. Das Vogel-Futterhaus habe ich jetzt wieder unter das Terrassendach in Sichtweite gestellt, damit ich einfach von meinem Platz aus kostenloses Kino genieße und natürlich, damit das Futter trocken bleibt. Das gefällt dem panaschierten Efeu nicht wirklich, er mochte das abwechslungsreiche Halligalli seiner gefiederten Freunde.
Die französischen Pelargonien in den Hängeampeln blühen immer noch unbeeindruckt. Inzwischen liegt in allen 4 Töpfen in der Mitte ein großer Meisenknödel und ich habe das Gießen eingestellt. Irgendwann werden die Pflanzen dann der Kälte ihren Tribut zollen, aber leider gibt es keinen sicheren Überwinterungsplatz für sie. Mein Bonsai-Zierapfel hatte 2 Jahre lang keine Blüten und natürlich auch keine Früchte. Dieses Jahr bekam er die Blüten gerade zur Regenzeit. Darum freue ich mich umso mehr, dass einige wenige rote Äpfelchen am Bäumchen hängen. Wie jedes Jahr schaut der Herbst-Krokus ‘Artabir’ neugierig um die Ecke des Blauregen-Beetes. Seine Staubgefäße ähneln dem des Safrankrokus, da sich die Blüte nur in der Mittagssonne öffnet, muss der Fotograf Geduld haben.
Im Steingarten ist es ruhig geworden. Aber die Blütentriebe von Campanula poscharskyana, meiner kleinen blauen Glockenblume, mäandern immer noch unermüdlich durch das Steingarten-Beet. Die Lärche, Larix decidua, einer meiner 5 Hexenbesen, hat ihr Gold-Kleid angelegt, doch sie weiß, dass diese Nadel-Pracht für dieses Jahr schnell zu Ende geht.
Hinter dem Steingarten lodert es neben der Gartenhütte plötzlich rot auf. Die vorwitzige Spätsonne hat sich durch den goldenen Birkenlaub-Vorhang durchgedrängelt und kitzelt die magisch roten Wilden Wein-Blätter und genauso die des Spindelstrauchs, der sich natürlich auch gleich bedient und schmückt. Während sich der Spindelstrauch (Euonymus alatus) noch im Spiegel bewundert, wird das Licht schon wieder etwas milder.
Ich laufe das Peripheriebeet entlang und freue mich an den rotglühenden Konfettis des kleinen Berberis Strauches. Die großen orangegelben Blätter der Säulen-Zierkirsche liegen fast alle am Boden. Jedes einzelne Blatt von ihr ist ein klein wenig anders gefärbt. Die Zeit zum Mähen ist da. Das schmeckt dem Farn gar nicht. Sein filigranes Aussehen kommt mit der neuen “Fußboden”-Farbe gerade wunderbar zur Geltung.
Gerade als ich mich dem Rhododendronhügel zuwende lockt mich der Goldteppich auf die Wiese und zum Paradiestor am Teich. Ich lasse mich im Garten gern und schnell ablenken. Es lohnt sich immer! Die Herbstkrokusse in der Wiese bitten mich, dringend noch mit dem letzten Mähen zu warten. Es soll zwar kälter werden, aber tagsüber sonnig, ich werde warten.
Mein Mixed Border um dem Teich hat kein groß ausgeklügeltes Farbkonzept, aber im Herbst dominiert weiß rund um das Paradiestor, um einfach unbunt die Herbstfärbung der Gehölze noch etwas zu betonen. Miscanthus ‘Variegatus’ habe ich im Hemerocallis-Beet des Botanischen Gartens in Ulm kennengelernt, das Gerd Oellermann, der Taglilien-König des Südens, dort ganz wunderbar angelegt hat. Ich habe nicht geruht, bis meine weißen Herbstastern endlich Unterstützung durch dieses schöne Gras bekommen haben.
Ende September war ich bei Sarastro Stauden in Reichersberg (Österreich). Wir hatten ein wunderbares, sehr interessantes Gespräch. Reich fuhr ich nach Hause, mit einem Interview für den “Staudengarten” (GdS) und meine Website, mit Christian Kress’ Buch “Meine Welt der Stauden” das man in der Gärtnerei auch signiert erwerben kann und mit drei neuen Stauden. Über den Schaugarten und die Gärtnerei berichte ich später noch auf meiner Website, jetzt geht es nur um die Stauden. Ich hatte Christian gebeten, drei Stauden, die ich für eine Lücke im Mixed Border kaufen wollte, doch für mich auszusuchen. Ohne zu zögern kam er mit drei Töpfen aus dem Freigelände und stellte mir mit Anthriscus sylvestris ‘Ravenswing’ und Nepeta kubanica zwei lange gesuchte Wunschpflanzen auf den Kassentisch. Die dritte Staude, Cirsium purpuratum, kannte ich bis dato nicht, aber ich liebe alle Disteln und so freute ich mich sehr über diese Pflanze, die so ein stattliches Blütenköpfchen hatte, dass sie sich gleich vor mir verneigte. Musste mir das Sorgen machen? Nein, muss es nicht, die japanische Kratzdistel blüht seit meinem Besuch im September bis heute, das Foto ist vom 21.11.20 und es hat diese leicht demütige Haltung auch bei großen Stöcken mit vielen Blüten, was ihr einen ganz besonderen Reiz verleiht. Ich bin schon gespannt auf 2021, wie sich das Dreigestirn im Beet entwickeln wird.
Nun, eigentlich war ich ja auf dem Weg zum Rosenrondell, aber wer mich kennt, der weiß, wie schnell ich mich mit den Stauden, Rosen und Bäumen verplaudern kann. Trotzdem verlasse ich jetzt schnell das Teichbeet und gehe zumindest bis zum Bachlauf. Unmittelbar hinter dem Rosenpavillon schlägt ja im Oktober die große Stunde der Knöterich-Gattung. Es haben sich hier einige im Mündungsbereich des Baches eingefunden und leben einträchtig miteinander, es ist praktisch, wenn man Stauden zusammenpflanzt, die einen ähnlichen Ausbreitungsdrang haben. Persicaria amplexicaulis ‘Firetail’ der Kerzenknöterich und Persicaria virginiana var. filiformis, die Blattschönheit strahlen mich schon von weitem an.
Im Rosenpavillon ist es ruhig geworden. Rosa ‘Guirlande d’Amour’ nimmt noch ein Sonnenbad. Leider hat sie sich dafür so hoch hinausgelehnt, dass ich die Blüten mit dem Fotoapparat nicht gut erreichen kann. Also muss der Wilde Wein, der sich gleich daneben hochgeschwungen hat, als Fotomotiv herhalten. Rosa ‘Fairy Bouquet’, die Knospen-Strauchrose macht es mir dagegen einfach, sie hat Bodenhaftung und zeigt mir ihre Blütenknospen oft ein halbes Jahr in samtigem Rot. Je näher ihr das Plattähren-Gras kommt, umso mehr bekommt das Gras “rote Bäckchen”. Die dritte Rose, die jetzt noch blüht, ist Rosa ‘Ghislaine de Feligonde’, um sie aus der Nähe zu sehen muss ich zurück zur Terrasse.
Das trifft sich gut, denn ich wollte auch noch die Ahorn-Ecke inspizieren. Der japanische Fächerahorn ist gerade dabei, sich seines roten Festgewandes zu entledigen. Ich bin darüber nicht traurig, denn ich liebe den Habitus des Kleinbaumes sehr. Je älter er wird, umso eigenwilliger wird sein Charakter.
Während sich die Flamingos freuen, dass sie zumindest für kurze Zeit auch einmal über einen roten Teppich flanieren dürfen, erhofft sich das liebende Tanzpaar dagegen noch eine Weile den schmückenden roten Vorhang im Hintergrund. Ich liebe die unterschiedliche Wirkung dieser Skulptur sehr. Im Winter-Schnee denke ich oft, jetzt tanzen sie einen Schneewalzer, wie schön. Aber jetzt mit der Herbstfärbung des Ahorn? Das kann eigentlich nur ein feuriger, sinnlicher Tango sein, der hier getanzt wird.
Ich bin wieder auf der Terrasse angekommen und zufrieden, Ende November ist der Garten winterfest. Ich werfe noch einen letzten Blick über den Teich.
Die Sonne schenkt ihr Herbst- und Winter-Licht jetzt täglich kürzer. Melancholie und Abschied liegt um diese Jahreszeit in der Luft. Aber… es ist kein Grund traurig zu werden, denn in jedem Ende liegt auch ein neuer Anfang! Ich gönne meinem Garten und mir diese Atempause und denke für einen Moment, wie kurz doch die Zeit ist, bis ein neues Frühlingsspektakel mit einem Paukenschlag die dunkle Zeit vergessen macht. Jetzt aber freue ich mich auf viele Kerzen im Haus, auch sie können wärmen.
14 Kommentare
Das war ja noch ein richtiges Farbspektakel.. Hab es genossen… Hier ist es auch noch voller Eichenblätter und die Buchenhecke hat ein goldbraunes Kleid… Der Futterplatz wird von meiner kleinen Tierwelt besucht.. Ach ich freue mich schon auf den Frühling… Aber erstmal Pause mit schönem Ostfriesentee…. Liebe Grüße Karin
Ja liebe Karin, ich glaube es ist tatsächlich sehr wichtig, dass wir die Ruhezeit der Natur genießen, denn wir sind ein Teil der Natur. Also freuen wir uns über diese Pause, um dann das Wiedererwachen umso intensiver erleben zu können. LG Wurzerl
Hallo Fr. Zickenheimer, jetzt hat Ihr toller Garten eine ihm würdige Homepage ! Tolle ( !!! )Fotos und inspirierende Geschichten !!! Da freu ich mich schon auf den Frühling !!!!
Gruß
Markus Huber
Fa.Mittermeier
Hallo Markus, schön, dass Ihnen meine Seite gefällt. Gärten sind jetzt unsere sicheren Oasen. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie einen schönen Advent. LG Wurzerl
Liebe Renate, bei Dir sieht es auch zu dieser Jahreszeit toll aus…LG Marianne
Danke liebe Marianne, ich sende Dir einen lieben Gruß zur Wochenmitte. Wurzerl
Liebe Renate,
da ich ja meinen Garten nicht mehr habe, du kanntest ihn ja, kann ich noch soviel vom neuen Garten erzählen, indem es noch sehr nüchtern ausschaut. Dein Rundgang durch deinen Garten ist ja die reinste Farbexpolsion, wunderbar. Es ist jedes Jahr schön zu beobachten, wie sich die Natur auf den Winter vorbereitet, einfach alles fallen lassen.
Ganz liebe Grüße
Edith und bleib gesund
Liebe Edith, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass, gerade wenn die Natur sich in einer neuen Jahreszeit wandelt, man immer das Alte vor Augen hat, das man kennt und das einen trotzdem jährlich mehrmals überrascht. Nun ist Dein neuer Garten eine Überraschung, denn Du lernst ihn erst kennen und machst ihn erst nach und nach zu Deinem Garten. Wenn er noch “nüchtern” auf Dich wirkt, dann lass Dich nicht entmutigen. Umgekehrt wäre es viel schwieriger, ihn zu seniorisieren und auf Deine jetzigen Wünsche und Möglichkeiten anzupassen.
Ich grüße Dich ganz lieb. Passt bitte gut auf Euch auf. Wurzerl
ein toller Gartenspaziergang, wie immer bei dir liebe Renate
Herzlichen Dank liebe Erika und schönen Abend! Wurzerl
Liebe Renate, im Spätdienst hatte ich Muße, deinen herbstlichen Beitrag zu genießen. Die schönen Fotos, in denen die Herbst Farben explodieren und der Garten wirkt, als sei er 1 Hektar groß. Einfach wunderbar und es wird einem bewusst, wie schön diese Ruhepause im Garten ist.
Ja unsere Gärten haben sich in diesem Jahr vielfach in Kraftorte verwandelt. Wie schön, dass wir sie haben liebe Ulrike. Herzlichst Wurzerl
Schöööööön, einfach wunderschön deine Impressionen!! Ganz tolle Fotos und den so passenden Text dazu. Es ist echt eine Freude in deinem so bunten und reich an Pflanzenschätzen versehenen Garten zu wandeln. Der Herbst in seiner ganzen Pracht trumpft bei dir nochmals so richtig auf, bevor ein paar Wochen Ruhe und Stille kommen und dann die Natur wieder erwacht. Ruhe dich auch etwas aus und bleib vorallem gesund. Herzliche Grüsse, Barbara
Vielen Dank liebe Barbara, ja Gesundheit ist momentan das einzige Zauberwort. Den Zauber des Advents können wir allein bestimmen. Für die Gesundheit brauchen wir noch etwas Glück dazu! Herzliche Grüße zurück Wurzerl