3 Wie die Blumenelfe neue Flügel bekam

Flieder-Blüten

Die Elfe wohnt im Fliederbusch. Ihr kleines Märchenschloss ist dort gut versteckt. Jedes Jahr im Mai blüht der Flieder und duftet dabei so herrlich, dass die Blumenelfe das restliche Jahr kein Parfüm mehr braucht. Ihr perlmuttschimmerndes Himmelbett aus Teichmuschel-Schalen liebt sie sehr. Am liebsten schläft sie auf duftendem Heu und einer weichen Lage Polster-Moos. Die Zudecke ist aus rosafarbenen Rosenblättern gewirkt und der Baldachin darüber ist so dunkelblau wie der Nachthimmel. Jeden Abend leuchten sie ihre Glühwürmchen-Freunde ins Bett und machen das Licht erst aus, wenn sie eingeschlafen ist. In einer kleinen Blatt-Hängematte neben dem Bett der Elfe, hat sich das Äpfelchen schon in den Schlaf gekuschelt.

Der kleine Apfel schläft im Blatt

Im Winter hat die Blumenelfe nicht viel im Garten zu tun und sie fliegt auch ungern bei nasskaltem Wetter herum. Darum macht sie in dieser Zeit meistens einen ganz  langen Schönheitsschlaf. Aber als die Elfe dieses Jahr im Vorfrühling vorzeitig von der Biene geweckt wurde, weil ja die Elfenkrokusse ihre Hilfe brauchten, da merkte sie, dass mit ihren Flügeln etwas nicht in Ordnung war. Der letzte Herbst-Sturm hatte sie völlig zerzaust, als sie ein kleines Gänseblümchen-Kind vor einer Amsel gerettet hat. Es scheint nicht besser geworden zu sein und so macht sie sich ernsthaft Sorgen, ob sie im Frühling ihre gewohnten Inspektionsflüge durch den Garten wieder aufnehmen könne.

Langsam werden die Tage länger und die Kälte zieht sich wieder zum Nordpol zurück. Dann kommt der Frühling. Als die Sonne sie eines Tages so fest in die Nase kitzelt, dass sie ganz laut „hatschi“ niesen muss, beschließt die Blumenelfe zum Wurzerl zu fliegen und mit ihr den Frühling zu feiern.

Der Flieder-Busch

Oh weh, da wäre sie beinahe vom Fliederbaum abgestürzt, die Flügelchen versagen völlig. Zaghaft gleitet die Blumenelfe mit ihren kleinen Beinchen in Richtung Boden. Sie hält sich an den Efeu-Lianen fest, schwingt sich sogar einmal wie Tarzan auf einen niedrigeren Ast, aber dann hat sie ein Problem. Hier gibt keinen Efeu mehr und der Abstand zum nächsten Zweig ist viel zu groß. Sie ist ratlos wie nie zuvor in ihrem langen Elfen-Leben.

Fridolin der Eichkater

Plötzlich springt ein roter Pfeil vor sie hin und setzt sie sich vorsichtig mit den Pfötchen auf seinen Rücken. Es ist “Fridolin”, ein junger Eichkater, der von unten alles beobachtet hat und nun mit seiner kostbaren Fracht doppelt vorsichtig zu Boden gleitet.

Gänseblümchen

Während die Elfe Fridolin dankt, streift sie unwirsch die unbrauchbar gewordenen Flügel ab. Dann setzt sie sich niedergeschlagen an den Teich-Rand. Die Garten-Bewohner erschrecken, als sie ihre geliebte Elfe so sehen. Das im Herbst gerettete Gänseblümchen bietet spontan ihre Blüten-Blättchen an, aber die sind leider viel zu klein. Alle im Garten sind jetzt traurig. Aus Madame Akelei kullern dicke Tränen, der Perückenstrauch heult sich das Blatt vor Anstrengung knallrot und sogar das Spinnennetz weint bitterlich.

Der Entenmann “Kalle” fackelt nicht lange und zupft sich eine weiße Feder zum Anprobieren für die Elfe aus der Brust. Aber leider sind die Federn des Enterichs zu groß. Die zarten Flügel des  Federgeistchens dagegen sind zu fein. Auch würde die Elfe dieses Opfer niemals annehmen, denn das Geistchen könnte ja nie wieder fliegen.

Während so die verschiedensten Versuche unternommen werden, der Elfe zu helfen, hat das schlimme Dilemma bereits die Runde durch den ganzen Garten gemacht und die Wasser-Schnecke hat es sogar bis auf den Teich-Grund hinuntergetragen.

Dort lebt “Tönnchen”, eine Libellen-Larve. Tönnchen ist eigentlich ein Räuber, wie alle Libellen, aber… Tönnchen ist faul, sehr faul, viel zu faul um Beute zu jagen. Da hat sich Tönnchen kurzerhand mit dem Gelbrandkäfer verbündet. Der ist zwar sehr gefräßig, aber so geschickt beim Jagen, dass ihm immer etwas Essbares übrig bleibt. Das bekommt dann Tönnchen und die Libellen-Larve wiederum, erzählt dem Käfer nach  jeder  Mahlzeit eine neue Geschichte. Tönnchen ist nämlich ein phantasievoller Fabulierer.

Eigentlich sollte er dieses Jahr aus dem Teich ausziehen und zu einer wunderschönen Plattbauch-Libelle werden. Aber er hat dazu gar keine Lust, denn den ganzen Tag fliegen und einer Beute nachjagen, das stellt er sich schrecklich anstrengend vor. Gerne würde er einfach für immer bequem im Teich bleiben und dem Gelbrandkäfer für leckeres Essen  Märchen erzählen.

Jeder im Gartenteich kennt Tönnchens Geschichte und so fragt ihn die Posthorn-Schnecke spontan, ob er nicht seine Flügel an die Elfe abgeben könne? Er hätte ja dann noch mindestens ein weiteres Jahr Zeit, sich neue nachwachsen zu lassen. Tönnchen ist von dieser Idee sofort begeistert, dann kann ja keiner auf die Idee kommen, ihn aus seinem gemütlichen Platz am Teichgrund zu verjagen. Er gibt seine gefalteten Flügel der Schnecke gleich mit. (11.Foto Posthorn) Normalerweise ist sie ja nicht die Schnellste, aber der Gelbrandkäfer gibt ihr einen kräftigen Schubs und schon ist sie oben auf einem Seerosen-Blatt angelangt.

Posthorn-Schnecke

Ganz in der Nähe sitzt die Blumenelfe, immer noch traurig, auf dem kleinen Stein. Die Posthorn-Schnecke, die auch so eine Art Briefträger im Teich ist, bestellt die Grüße vom Tönnchen. Ein Bläuling, der alles beobachtet hat fliegt auf das Seerosen-Blatt zum Posthorn. Vorsichtig und stolz werden die nagelneuen Flügelchen übergeben und zur Elfe gebracht.

Bläuling - Schmetterling

Auch Fridolin, der etwas ratlos am Weg gewartet hat, bereit seine Blumenelfe in Sicherheit zu bringen, wenn Gefahr droht, ist jetzt gleich zur Stelle und hilft die neuen Flügel zu befestigen. Schnell falten sich diese auseinander und passen perfekt. Als ein kleiner Windhauch über den Teich kräuselt, kommt auch schon Leben in die Flügel. Sie werden lange und länger und immer filigraner und durchsichtiger. Im Sonnenlicht irisieren sie in den Regenbogenfarben des Himmels.

Fridolin der Eichkater

Ach ist die Blumenelfe selig, endlich kann sie wieder fliegen. Als erstes gleitet sie über den Teich und winkt dem schläfrigen Tönnchen dankbar zu. Der grinst zufrieden vor sich hin, ist er doch auf diese Art so ganz nebenbei zu einer neuen Geschichte für den Gelbrandkäfer gekommen und denkt, er kann mindestens ein weiteres Jahr faul sein. Aber das ist ein Irrtum, wie man bald erkennen wird, denn die Elfe hat einen Heilspruch in das Wasser geschickt, damit die Flügel schnell wieder nachwachsen. Aber das wird eine andere Geschichte.

Der Teich
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6 Kommentare

  • Erika Elferink sagt:

    sehr schöes Märchen (Ich schaue noch, ob in meinem Flieder auch eine Elfe wohnt)

    • Wurzerl sagt:

      Liebe Erika, ich soll Dir einen schönen Gruß von meiner Blumenelfe bestellen, wenn in Deinem Flieder keine Elfe wohnt, dann sollst Du im Pfeifenstrauch ‘Belle Etoile’ nachsehen, den Duft lieben Elfen noch mehr als Flieder. Aber Wurzerl hat den leider nicht, darum der Flieder.
      LG Wurzerl

      • Erika Elferink sagt:

        den Pfeifenstrauch habe ich leider auch nicht. Da muss ich mich mal nach erkundigen, wie der so ist.

        • Wurzerl sagt:

          Liebe Erika, es ist der mit den größten offenen Blütenschalen und der Duft ist unnachahmlich. Wenn Du einen willst, nimm auf keinen Fall den mit gefüllten Blüten, bitte nur den ‘Belle Etoile’ – es gibt keinen besseren.
          Gute Nacht
          Wurzerl

  • Elisabeth Carda sagt:

    …..und wenn ich mehrere Pfeifensträucher im Garten habe, gibt es auch vielleicht mehrere Elfen ? 🙂

    • Wurzerl sagt:

      Es muss dringend der ‘Belle Etoile’ sein. Sonst lieber Flieder-Parfüm! Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Elfen alleine wohnen, wie auch Zwobel. Und… nicht jeder kann sie sehen!
      Schönen Abend liebe Elisabeth
      Wurzerl

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