Eines Tages, Wurzerl und die Elfe sind beim gemeinsamen Honig-Naschen, erwähnt das Wurzerl, dass zwar jetzt schon viele Pflanzen im Garten seien, aber noch keine einzige, die wie sie “Wurzerl” heißt. Das geht ja gar nicht, denkt sich die Blumenelfe und grübelt! Als Wurzerl mit dem Fahrrad zum Bäcker fährt, nützt die Blumenelfe die Gunst der Stunde. In kurzer Zeit, “simsalabim”, befindet sich ein kleiner Hügel mit vielen Steinen im Garten. Er hat sogar zwei kleine Gipfel und dazwischen ein Tal und glaubt mir, jeder Zwerg würde denken, er ist mitten in einem großen Gebirge, so schön hat die Elfe den Hügel hingezaubert.
Dann fliegt sie direkt nach Süden in die Berge und sucht nach den wunderschönen Steinrosen für Wurzerls Garten. Diese heißen nämlich nicht nur Hauswurz oder Steinrosen, sondern tragen auch den liebevollen Spitznamen “Wurzerl”. Jeder sollte diese Pflanzen in seinem Garten haben, denkt die Elfe, denn sie bringen dem Besitzer Glück.
Da sitzen sie schon auf ihren Felsen und schauen der Blumenelfe neugierig entgegen. Die Kleinen sind so genügsam, dass sie in den engsten Felsspalten Platz finden. Über die Einladung, in Wurzerls Garten umzuziehen freuen sie sich und hüpfen hoppla di hopp auf das Röckchen der Blumenelfe. Als sie den neuen Steingarten entdecken, lassen sie los. So wohnen ab jetzt die kleinen Wurzerl beim großen Wurzerl. Hei, was für ein Spaß, Wurzerl kann sich gar nicht sattsehen an den knuffigen kleinen Pflanzen, die genauso heißen wie sie selber.
Es ist jetzt die Zeit, in der im Steingarten alle Blumen gleichzeitig zu blühen scheinen, denn sie kommen ja ursprünglich alle aus den Bergen und dort ist das Blumen-Jahr viel kürzer als im Garten. Der Schnee bleibt oft bis Ostern liegen und kommt dann auch im Oktober schon wieder zurück. Die kleinen Wurzerl im Steingarten staunen nicht schlecht, als um sie herum der Enzian, die kleine Berg-Akelei, Nelken, Edelweiß und ein paar Polsterstauden aufblühen.
Eines Morgens aber liegt eine verdächtige Ruhe über dem Garten, kein Vogel singt und alle Bewohner halten die Luft an. Als Wurzerl den morgendlichen Spaziergang im Garten macht, bleibt sie verdutzt stehen. Alle Wurzerl-Zwerge im Steingarten sind herausgerissen und liegen durstig am Wiesenrand. Schnell buddelt Wurzerl ihre Lieblinge wieder ein, als erstes die rote Steinrosen-Mama, die mindestens ein Dutzend kleiner Wurzerlkinder zu ernähren hat. Am nächsten Morgen ist das Gleiche wieder geschehen, jetzt sprühen Wurzerls Augen kleine Lichtblitze vor Zorn. Am schlimmsten hat es heute den kleinen Pummel erwischt, es sind eigentlich zwei Wurzerl, aber sie sind zusammengewachsen und sehen aus wie ein eingerollter kleiner Igel. Noch liebevoller werden die armen Steinrosen diesmal eingegraben und noch sorgfältiger wieder angegossen und Wurzerl beschließt, ihre Lieblinge zu bewachen. Mit einer Taschenlampe bewaffnet legt sie sich auf die Lauer. Aus ihren Indianerbüchern weiß sie, dass sie ganz still sein muss, um den oder die Übeltäter auf frischer Tat zu ertappen. Plötzlich hört sie eine dünne Stimme singen:
„Ei der Daus, ich bin schon da,
Wurzerl schussern will ich ja.
Ich bin der Zwobel, ein schlauer Wicht,
Angst vor dem Dunkeln habe ich nicht.
Gleich spiel ich mit den Wurzerln Ball,
und reiße sie aus der Erde all.
Dann rolle ich sie den Hang hinunter,
das macht Spaß, da werde ich munter!“
Tatsächlich steht da ein Männchen am Rande des Steingartens, nicht viel größer als die Blumenelfe. Wie das Männchen aussieht? Tja, das ist eine schwere Frage! Wie ein Klabautermann? Nein! Wie ein Gartenzwerg oder ein Lausbub? Nein, auch nicht! Wie ein Wichtelmännchen? Ein Gnom? Ein Kobold? Nein, nein, alles falsch! Es sieht einfach aus wie ein Zwobel und genau so heißt das Männchen auch!!! Schwupps, schon ist der Zwobel zwischen den Händen vom Wurzerl gefangen. Ganz vorsichtig hält sie ihn und passt auf, dass er sie nicht in den Finger beißt. Die kleinen rosa Nelken haben sich trotzdem schützend über die Steinrosen gelegt.
„Was fällt Dir ein, Du Zwobel Du? Wie kannst Du es wagen, meine Wurzerl auszugraben und sie den Steingarten hinunter zu schubsen?“ Der kleine Mann hat gar keine Angst vor Wurzerl: „Es macht Spaß“, lacht er. “Wo kommst Du her?” fragt sie ihn und erfährt, dass der Zwobel aus seinem Heim im Zauberwald vertrieben wurde, weil er dort so viel Unfug angestellt hatte. Wurzerl überlegt, wie sie am besten reagiert. Es hat wohl wenig Sinn, den Zwobel aus dem Garten zu werfen. Die Nachbargärten sind alle langweilig, ein Baum, viel Gras, das ist es auch schon. Logisch, dass der Zwobel darum sofort Wurzerls Garten als Spiel-Platz entdeckt hat. Da fragt sie den Zwobel, ob er denn bei ihr einziehen wolle? Die Blumenelfe wohnt ja auch im Garten. Als der Zwobel das hört, ist er völlig baff. Es erstaunt ihn, dass ihm Wurzerl, anstatt ihn zu schimpfen und zu bestrafen, ein Zuhause anbietet und dann noch in so angenehmer Nachbarschaft zu einer echten Blumenelfe. Kann er da nein sagen? Schlecht ist natürlich, dass er dann künftig keine Wurzerl mehr ausreißen kann, weil ja jeder sofort weiß, wer der Schuldige ist. Aber genau das ist der raffinierte Plan vom Wurzerl. Alle warten gespannt auf die Antwort des Zwobel, allen voran natürlich die Steinrosen.
Der Zwobel findet Wurzerls Garten so spannend und ist auch ein bisschen in Wurzerl verliebt, noch nie hat jemand so freundlich mit ihm geredet. Er bleibt gerne und verspricht sogar, die kleinen Wurzerl im Steingarten zu gießen und zu beschützen und legt sich zum Ausruhen erst einmal unter den Lavendelbusch, der direkt am Rand des Steingartens steht. Dort gibt es ein wenig Moos, fast wie im Zauberwald und so bekommt der Zwobel kein Heimweh.
Endlich kann Wurzerl beruhigt schlafen gehen und die kleinen Steingarten-Bewohner seufzen erleichtert auf, ob dieser Wendung. Die Blumenelfe lacht ihr silberhelles Lachen und ist ebenfalls zufrieden. Da sie den Zauberwald gut kennt, bereitet sie für den Zwobel eine schöne Überraschung vor. Mitten im Steingarten findet er am nächsten Morgen den Eingang zu einer Schlafhöhle, ganz ähnlich der, die er im Zauberwald bewohnt hatte. Und weil sie viel zu viele Steinrosen aus den Bergen mitgebracht hat, zaubert die Elfe noch schnell eine “Wurzerl-Küche” auf die Terrasse. Jetzt haben Alle ein Zuhause und sind glücklich und zufrieden.
6 Kommentare
Und nun weiss ich auch, wieso eine Küche in deinem Garten steht 😉 !!! Fast hätte ich deine weiteren Märchen unter dem 0 Prolog übersehen bzw. verpasst. Danke für deinen Hinweis, liebe Renate!
Oh, dann war es ja gut, dass ich es nochmal erwähnte. 0 – 4 ist da und 5 kommt am 1.9.Dienstag!
Noch ein lieber Gruß
aus der Wurzerlküche.
auch ein tolles Märchen, ich liebe die Hauswurz
Liebe Erika, früher war die Hauswurz eine unserer wichtigsten Heilpflanzen, alles was die Aloe kann, kann auch die Hauswurz. Aber von der Hauswurz kannst Du Dir auch einen Tee kochen, der wie Apfeltee schmeckt, das kann die Aloe nicht.
Liebe Grüße
vom Oberwurzerl der kleinen Haus-Wurzerl
wunderschöne Geschichte. Dankeschön dafür.
Sehr gerne liebe Beate. LG Wurzerl