13 Eine Weihnachts-Zauberei für die Wildbienen!

Hamamelis, die Zaubernuss und Schneeglöckchen in Wurzerlsgarten

Den gemütlichen Haselbusch lieben alle Gartenbewohner, auch die vielen Bienen und Hummeln, die in seiner Nähe extra einen Landeplatz eingerichtet haben. Im Frühling ist er ja regelmäßig mit seiner geliebten Frau beschäftigt. Frau Hasel wohnt ein paar Gärten weiter weg. Darum hat die Blumenelfe auch vor ein paar Jahren für das Liebespaar die Windbestäubung erfunden.

Im Sommer und Herbst hat der Haselbusch dann für alle seine Gartenfreunde Zeit und ein offenes Ohr. Sie dürfen ihn halt nicht bei seinem Mittagsschlaf stören. Die Hummelkönigin und die kleineren Wildbienen sind im Spätwinter immer die ersten, die ihn besuchen.

Korkenzieherhasel, Wurzerlsgarten

Der Haselbusch kennt natürlich die ewige Leier, vor allem der Hummelkönigin: “Warum bist du immer so spät am blühen? Du weißt doch, dass wir schon bei den ersten Sonnenstrahlen auf Nahrungssuche gehen und einen großen Busch wie Dich dringend bräuchten. Warum kannst Du nicht schon im Februar für uns da sein? Die vielen Menschen machen die Winter immer noch wärmer! Wir können inzwischen nicht mehr bis zum Frühling warten. Sobald es etwas wärmer wird, wachen wir auf und brauchen dann dringend Nahrung”.

Die kleine Mauerbiene, die das hört, nickt bedächtig und ergänzt genervt: “Die Honigbienen fliegen ja erst bei 10 Grad und werden auch im Winter von den Imkern gefüttert, falls nötig. Wir Wildbienen sind aber schon bei sehr wenigen Plusgraden unterwegs. Die Winter werden immer kürzer und milder und es ist immer öfter schon Ende Januar viel zu warm für uns, um noch dauerhaft im Nest zu bleiben”.

Biene in den Krokussen in Wurzerlsgarten

Gerade hat der Haselbusch seine Frau mit Hilfe des Windes ein letztes Mal für dieses Jahr umarmt, da fallen ihm wieder die Worte der Hummel und der Mauerbiene ein. Wie praktisch, dass der Landeplatz der Wildbienen so nahe bei ihm ist, da verbrauchen die kleinen Brummler nicht so viel unnütze Energie.

Also lädt Herr Hasel die Hummelkönigin und die Mauerbiene ein, mit ihm zu beraten, was gegen diese unschönen Auswirkungen des Klimawandels zu tun sei. Lang und breit, wie es seine Art ist, erklärt er den Insekten, dass es doch kleine Zwiebelpflanzen wie Schneeglöckchen, Elfenkrokusse und Winterlinge gäbe, die schon ab Ende Januar mit dem Blühen anfangen. Da lacht die Mauerbiene verbittert auf und meint nur. “Das ist viel zu wenig Nektar für uns Alle! Noch sind wir ja ziemlich viele, aber es verhungern inzwischen jedes Jahr mehr von uns, weil es im Januar und Februar viel zu wenig Blüten für uns gibt.”

Hummel in Lenzrose, Helleborus orientalis, in Wurzerlsgarten

Jetzt ist der Haselbusch aber zutiefst betroffen und traurig. Ja, er selber und seine Madame blühen ja auch schon etwas früher wegen der zu warmen Wintertemperaturen. Sicher gerade ein Baum oder großer Strauch könnte für die Wildbienen mit tausenden Blüten die rettende Lösung sein. Aber im Januar oder Februar blühen? Nein, das schafft doch niemand.

Niemand? Ha, wofür gibt es denn eine Blumenelfe im Garten, sie hat doch noch immer eine Lösung gefunden. Herr Hasel ist so eifrig bemüht zu helfen, dass er nicht einmal seinen Mittagsschlaf macht und folglich weckt er auch die Elfe aus ihrem Schönheitsschlaf, als er in den Fliederbusch hinüberruft, ob sie ihn nicht wegen einer dringenden Angelegenheit sofort besuchen könne?

Korkennzieherhasel

Die Blumenelfe hört sich das Leid der Hummel und der Mauerbiene an  und verspricht fest nachzudenken, was da zu tun sei.

So geht der Sommer ins Land und es wird Herbst. Die Blätter des Haselstrauchs sind schon ganz gelb, als der Blumenelfe siedend heiß ihr Versprechen einfällt. Oh je, was kann sie denn jetzt noch tun?

Sie fliegt zur Terrasse und klopft das Wurzerl heraus. Die hört sich das alles an und meint dann: “Aber liebe kleine Freundin, Du kannst doch zaubern”! Die Blumenelfe meint, dass es keine Lösung sei, wenn die Haselsträucher schon im Januar blühen würden, denn dann würden die Insekten ja im Frühling verhungern. “Und wenn Du aus einem der diesjährigen Haselkinder eine ganz neue Winternuss machst?” fragt Wurzerl spontan.

Ohne darauf zu antworten fliegt die Blumenelfe zum Zwobel. “Kannst Du bitte ein Haselkind von diesem Jahr finden, ich will nicht in das Gebüsch hineinfliegen, nicht dass ich mir wieder, wie vor Jahren, die Flügel ruiniere?” Kaum ist diese Bitte ausgesprochen, winkt der Zwobel schon aus einer Gruppe Elfenblumen heraus. Da hat sich doch glatt eines der Nusskinder hin verlaufen.

Hamamelis, Zaubernuss, Herbstfärbung

Die Blumenelfe bittet Wurzerl, das Haselkind in einen großen Topf zu setzen und auf den Terrassentisch zu stellen. Die kleine Hasel hat wie der Herr Papa schon ein gelbes Herbst-Blätterkleid angelegt. Aber als sie erfährt, dass sie eine besondere Nuss werden soll, die im Winter blüht, da wird sie erst rot, dann orange, dann wieder etwas grün und gelb vor Aufregung. Und das wird dann auch künftig immer so bleiben. Diese Winternuss wird jedes Jahr eine tolle bunte Herbstfärbung bekommen.

Hamamelis, Zaubernuss mit Herbstfärbung

Die Elfe denkt angestrengt nach. Sie darf keinen Fehler machen, zuviel hängt davon ab. Es müssen mehrere Blüten an einem Platz sein, die sich aber in Abständen nach und nach öffnen. Die Knospen dürfen bei Frost nicht sterben und dieses und das, an alles muss die Blumenelfe denken und schon nach kurzer Zeit schwingt sie ihren Zauberstab und murmelt: “Simsalabim, schon sind die Knospen drin”! Der Zwobel schaut etwas skeptisch, na, ob das gutgehen wird?

Die Winternuss hat die Blätter längst verloren und steht etwas vergessen auf dem Terrassentisch. Es ist Dezember geworden und das von Allen gefürchtete Weihnachts-Tauwetter ist wieder pünktlichst eingetroffen. Der schöne glitzernde Zuckerguss über dem Garten ist weg. Die Advents-Dekorationen im Freien sehen etwas erbärmlich und deplaziert aus. Die Kinder fragen sich, ob der Weihnachtsmann und das Christkind bei so warmen Temperaturen denn überhaupt mit den Geschenken, die sie so sehnlich erwarten, in die Häuser kommen können?

Genau am Weihnachts-Morgen passiert es dann! Die Winternuss öffnet leise und vorsichtig ihre ersten Knospen und einige wenige gelbe Blüten, Safranfäden ähnelnd, fangen zaghaft an zu duften.

blühende Hamamelis, Zaubernuss-Blüte

Es dauert keine fünf Minuten, da steht das Wurzerl, vom Duft angelockt, schon vor dem Terrassen-Tisch. Sie ruft aufgeregt nach dem Zwobel und der Blumenelfe, die natürlich sofort ihren Winterschlaf unterbrechen, um sich das Weihnachts-Wunder auf dem Tisch anzusehen. Wurzerl und Zwobel sind schwer beeindruckt, aber fragen vorsichtig, ob das jetzt nicht doch zu früh sei? Die Blüte würde doch spätestens in einigen Tagen erfrieren? Die Elfe lächelt nur vielsagend. Dafür hat sie ja immer gleich mehrere Knospen an eine Stelle gezaubert. Die Nächste wird sich erst im Januar öffnen, wenn die Sonne erneut eine Knospe wach küsst.

Während Wurzerl mit der alljährlich benötigen Schale zum Bachlauf geht, um die aufgeblühte Christrose traditionell für die Feiertage wieder in das Haus einzuladen, wird auf der Terrasse noch etwas gefachsimpelt.

Christrose, Helleborus niger in Wurzerlsgarten

“Also, eines muss ich jetzt aber schon sagen”, meint der Zwobel: “Winternuss klingt doof – das ist doch in Wirklichkeit eine Zaubernuss”. Die Blumenelfe nickt lächelnd. “Wenn Du meinst und Wurzerl einverstanden ist, dann soll sie Zaubernuss heißen”. Wurzerl hat natürlich nichts dagegen. Sie sprüht ein paar Sterne aus ihren Honigaugen in die klare Winterluft und freut sich gleich doppelt. Einmal natürlich, wie jedes Jahr auf das Weihnachtsfest und dann auf die Winter-Blüte der Zaubernuss, die jetzt für das Überleben der Wildbienen eine große Verantwortung übertragen bekommen hat.

Als Wurzerl die Christrose vorsichtig ins Haus trägt, ist sie mit ihren Gedanken noch bei der Hummelkönigin, die als Einzige ihres Volkes das Jahresende überlebt und in einem Erdloch überwintert, um dann ein neues Hummelvolk zu gründen. Ist es nicht schön, dass mit einem einzigen “Simsalabim” den Wildbienen im Garten geholfen werden konnte?

Hamamelis, blühende Zaubernuss

Nachdem Wurzerl die Christrose zu ihrem Stammplatz im Wintergarten gebracht hat, fällt ihr noch siedend heiß etwas ein. Schnell zieht sie noch einmal die wasserfesten Schuhe an, geht auf die Terrasse und nimmt die kleine Zaubernuss vom Tisch hoch. Wie konnte sie nur den Papa vergessen??? Wurzerl weckt den Haselbusch und hält ihm das blühende Zaubernuss-Kind vor die Nase. Gut, dass Herr Hasel sich schon lange von seinem Herbstlaub getrennt hat, wer weiß, was er sonst vor Freude für eine Farbe angenommen hätte.

Während im Haus das erste Mal in diesem Jahr: “Stille Nacht heilige Nacht” erklingt, legen sich die ersten Blüten der Zaubernuss schlafen.

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16 Kommentare

  • Elke Becker sagt:

    Liebe Renate, wieder ein zauberhaftes Märchen! Ich bewundere Deine Kreativität. Vielen Dank und liebe Grüße aus dem Münsterland Elke

  • wunderschöne Geschichte zum Frühstück und zum Träumen. Dankeschön

    • Das Wurzerl sagt:

      Märchenhafte Träume kosten nichts und tun gut. Liebe Erna ich wünsche Dir einen schönen 4. Advent mit vielen märchenhaften Tagträumen. LG Wurzerl

  • Edith sagt:

    Liebes Wurzel,
    wunderbar hast du in Form eines Märchens die Zusammenhänge der Natur zum Leben erweckt, so versteht sie jedes Kind. Die Geschichte berührt die Herzen und das tut gerade in diesen Zeiten sooo gut, danke für deine herrliche Geschichte.
    Bleib gesund und liebe Grüße
    Edith

    • Das Wurzerl sagt:

      Liebe Edith, ich danke Dir herzlich und wünsche Dir ein besinnliches, schönes 4. Adventwochenende. Mir wünsche ich, dass Leser des Märchens verstehen, dass jeder, der einen kleinen Balkon, oder ein paar qm-Garten hat auch zaubern könnte, wenn er nur wollte. LG Wurzerl

  • Christiane Hame sagt:

    Wie schön! Deine Zauberei um die Zaubernuss!

    • Das Wurzerl sagt:

      Danke liebe Christiane, Du kannst es ja schon lange, aber es müssten noch viel mehr sehen, wie einfach es ist, selbst für die Natur zu zaubern. Ich wünsche Dir einen schönen 4. Advent. LG Wurzerl

  • Das ist ja wieder bezaubernd geworden Renate.. Und deine Märchen geben den Hinweis so etwas bezauberndes zu pflanzen… Eine Zaubernuss… Dankeschön für diese schöne Geschichte zu Weihnachten… Die Wildbienen werden sich freuen… Und ich hoffe einige haben den Strauch unter dem Weihnachtsbaum…

    • Das Wurzerl sagt:

      Oh, lach, das hoffe ich nicht liebe Karin, dann würde die Zaubernuss sicher gleich alle ihre Blüten durch den beheizten Raum duften lassen. Aber Du hast die Quintessenz des Märchens gut verstanden. Jeder kann in seinem Garten oder auf seinem Balkon ein Zauberer sein. Man muss es nur wollen! Ich wünsche Dir einen schönen 4. Advent. LG Wurzerl

  • Susanna sagt:

    Liebe Renate,
    das ist eine ganz wunderschöne Geschichte! Die Natur hat sich so viele Mechanismen zum Überleben ihrer Geschöpfe ausgedacht, da kann ich immer nur staunen. Und die Zaubernuss hat ihren Namen verdient: sie ist mit ihrem leuchtenden Herbstlaub und den winterlichen Blüten einfach zauber-haft! Einen schönen vierten Advent wünsche ich dir, liebe Grüße,
    Susanna

  • Erika Elferink sagt:

    Liebe Renate, das ist wieder ein wunderschönes Märchen von Dir. Du schreibst immer so toll davon, das ich meine Blumen im Garten jetzt ganz anders betrachte, und wie sollte es anders sein, eine Zaubernuss zieht bestimmt bald in meinem Garten ein. Ich wünsche Dir einen schönen 4. Advent und wünderschöne Weihnachtstage. Mach weiter so und bleib gesund! Liebe Grüße Erika

  • Hallo Renate,
    sehr schön geschrieben.
    Hast du denn da mal Wildbienen dran gesehen? Ich muss sagen, dass es mir an der Zaubernuss noch nicht gelungen ist.
    Viele Grüße
    Elke

    • Das Wurzerl sagt:

      Nein liebe Elke, meine Zaubernuss ist vor Jahren relativ jung gepflanzt eingegangen. Das Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) hat dann einfach den Platz schnell total für sich beansprucht. Aber ich werde mir wieder einen im Kübel zulegen, sie wachsen ja langsam. Eigentlich ist es ja wie immer im Märchen nur eine Metapher, ich hätte jeden anderen duftenden Winterblüher nennen können, aber Zaubernuss, lach, Du verstehst? Und es geht schlicht darum, dass man begreift, dass jeder einzelne die Gabe hat zu “zaubern – pflanzen”. Man muss nur das Zauberwort wissen. Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag. LG Wurzerl

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