Der Schlossgarten von Kasteel Hex hat sich zu den Gartentagen am 12.09.2021 feingemacht !
Kasteel Hex stammt aus dem 18. Jahrhundert und wurde seinerzeit von Franz Karl Reichsgraf von Velbrück, dem Fürstbischof von Lüttich, als Sommer- und Jagdresidenz erbaut.
Das Schloss ist bis heute in Privatbesitz und dient der Familie des Grafen Ghislain d’Ursel als Wohnsitz. Aus diesem Grund werde ich nichts weiter über das Gebäude schreiben. Bei der Einholung der Veröffentlichungs-Erlaubnis habe ich auch zur Kenntnis genommen, dass ich keine privaten Garten-Bereiche fotografieren und beschreiben darf, was ich selbstverständlich respektiere. Trotzdem gibt es jede Menge zu lesen und zu sehen. Die Gärten stehen immerhin seit 2005 unter Denkmalschutz.
Hex ist durch das Gartenfestival bekannt geworden, zu dem dann auch jeweils der Park für Besucher geöffnet wird. Immer mehr Gartenfreunde pilgern zu diesen zweimal jährlich zur Rosen- und Frühherbst-Zeit stattfindenden Garten-Tagen nach Belgien.
Sicher ist der Besucheransturm im Juni zur Rosenblüte um einiges größer als im September. Für mich war es wichtig, in Covid-Zeiten nicht in eine unüberschaubare Besuchermenge mit Auflagen hinein zu geraten, die einem den Genuss verderben und so konnte ich mit meiner Begleiterin Sabine den milden Spätsommer-Tag Mitte September in vollen Zügen auf Schloss Hex genießen.
Das Schloss und der englische Landschaftspark
Das Schloss ist präsentabel auf einer leichten Erhebung gebaut und wird von einem ca. 60 ha großen Park mehreren mehreren unterschiedlichen Gärten umgeben. Die für die Gegend typischen hellroten Ziegel leuchten aus dem makellosen Gartengrün in welchem Rosensträucher mit roten, pink- und rosafarbenen Blüten die visuelle Verbindung zum Gebäude schaffen. Auf drei Terrassenebenen läuft der Garten den Hügel hinunter und verschmilzt schließlich mit dem Landschaftspark. Dieser scheint einer der ersten Parks gewesen zu sein, der im 19. Jahrhundert auf dem europäischen Kontinent im Stil des englischen Landschaftsgartens entstanden ist.
Mit meiner lieben Gartenreisefreundin, die mich schon wiederholt nach NRW eingeladen hatte, um von da aus auch einen Abstecher nach Schloss Hex zu machen, laufe ich nun endlich am Terrassengarten des Schlosses vorbei. Da wir die zentralen Gärten und den Gartenmarkt besuchen möchten, sparen wir uns die Zeit für einen ausgiebigen Rundgang durch den Landschaftspark. Beim nächsten Mal, zur Rosenzeit, würde ich aber zumindest gerne einmal zum großen See wandern und von dort weiter in den großen Rosengarten gehen.
Der alte Obst- und Gemüsegarten – Potager
Dieses erste Mal gelten meine Gelüste jedoch in erster Linie dem Potager. Wir starten richtig durch, es geht am kleinen ehemaligen Schulhaus vorbei und Sabine bringt mich zu ihrem Lieblings-Aussichtspunkt an der Mauer, die das starke Gefälle nach unten abfängt. Wir geniessen von oben den herrlichen Blick in den Obst- und Gemüsegarten, wo natürlich schon ein Großteil der Beete zu dieser Jahreszeit abgeräumt ist.
Schon dieser Blick von oben ist für mich der Antrieb zu einem Spurt die Mauer entlang, bis ich bei der Treppe und dem Hohlweg anlange, der direkt zum Potager führt. Schon vor dem Eingang sind Bienenkörbe platziert, die Insassen derselben haben hier stets ganz schön viel zu tun.
Ich bin nun erst einmal alleine, Sabine zieht es zum Gartenmarkt. Also trete ich ein und fühle mich wie in einem der großen Vorbild-Potager im Norden Frankreichs. Farben, Düfte und das leise Summen der Bienen begleiten mich auf meinem Spaziergang durch diesen wunderschönen Obst- und Gemüse-Garten.
Obwohl ich natürlich nicht die Einzige bin, die in diesem Potager lustwandelt, fühle ich mich dennoch total geborgen und ruhe in mir selbst, was mich für einen Moment in diesem großen Gelände doch sehr erstaunt. Immerhin sind auch hier zwei der Aussteller der Gartentage platziert.
Der Grund für diese intime Wirkung liegt in der kompletten Ummauerung dieses Areals. Der Potager liegt ein ganzes Stück tiefer als das Schloss. Die hohe Stützmauer an der Nordostseite geht über die gesamte 250 m Länge. Diese Stützmauer geht dann auf den Breitseiten und der parallelen Längsseite zur Straße hin, in eine hohe Mauer über. Genau das bringt dem Obst und Gemüse, sowie den Zierpflanzen im Garten ein zusätzlich geschütztes Kleinklima, vergleichbar mit einem Senkgarten. Es verwundert daher nicht, zu sehen, dass die Stützmauer mit Spalierobst und einigen Ramblerrosen dazwischen bestückt ist.
Ich habe das Gefühl hier wächst alles höher, reicher und schmackhafter als in anderen Gärten. Und es wird eifrig geerntet. Die Artischockenblätter zeugen noch von der reichen Ernte, die Obstbäume biegen sich voller Früchte, der dunkelweinrote Amarant ist direkt aufdringlich groß und imposant und rahmt die Dahlien nachdrücklich ein.
Schmetterlinge, Honig- und Wildbienen taumeln durch das Dahlienglück, in dem sich riesige, grüne Heupferde ein Sonnenbad gönnen. Ich lasse mich von verschiedenen exotischen Salbeisorten anduften und gebe Salvia ‘Hot Lips’ den Kuss zurück. Die tiefe dunkle Wärme der Dahlien wird übergangslos mit heißen Orangetönen durchzogen und gleichzeitig mit Weiß abgekühlt. Das eigentlich so zarte Rosé einer Rose knallt jedoch wie ein Signal in meine Augen, weckt mich gleichsam aus meinem Sinnesrausch, lässt mich umdrehen und leitet meinen Blick auf das geneigte lange Mauer-Beet zu.
Ich hätte eigentlich auch den schmalen Mauer-Weg nehmen können, vorbei am Spalierobst und den alten, kleinen, charaktervollen Zwergobstbäumen, die in kurzen Abständen das Ende des ewig langen relativ schmalen Mauer-Beetes zum Weg hin markieren. Aber ich wählte den Hauptweg, von dem lange, schmale Beet-Streifen quer durch den Potager bis zum Parallel-Weg führen, der wiederum auf der untersten Ebene einen Teil des Obstgartens beherbergt und wo sich auch der alte Brunnen befindet. Im hintersten Teil endet übrigens diese Einteilung zugunsten einer kleinen Obstplantage.
Aber eigentlich will ich kurz das langgestreckte Mauerbeet beschreiben, das weiter als die großen, schmalen Beete auf der zentralen Ebene bis zu einem heckengeschützten Privatgarten führt, den man auf den Hauptwegen umrunden kann.
Das Mauerbeet weist ein Gefälle auf, ist aber tatsächlich wie ein klassisches Broderie-Beet mit immergrüner Einfassung und einer geometrischen durchgehenden Aufteilung in gegenübergestellten Dreiecken geformt. Das bringt eine unwahrscheinliche Dynamik ins Beet, egal ob bepflanzt oder nicht. Wenn die Dreiecke aufeinanderstoßen, dann ergibt sich wieder ein harmonisches Quadrat. Es ist unbeschreiblich, wie genial hier Duftpflanzen und Gemüse aufeinandertreffen. Ich möchte nur auf ein Beispiel hinweisen. Seht Ihr die blassblauen Kohlblätter? Könnt Ihr die Farbe der Rippen, die diese Blätter durchziehen erkennen? Dann wisst Ihr auch, warum der Duftsalbei als Nachbar nur genau diese eine bestimmte Blütenfarbe bekommen konnte.
Fasziniert laufe ich den Mittelgang weiter, aber nun gehört mein Blick nur noch dem Mauerbeet. Die hinterste, östliche Ecke, mit einem Verbindungs-Türmchen zwischen Stützmauer und der Mauer der Breitseite zieht mich magisch an. Dort könnte man eine gemauerte Wendeltreppe hinaufsteigen und den Potager verlassen. Aber das möchte ich noch gar nicht. Ich suche den alten Gemüse-Keller aus dem 18.Jhdt. und finde ihn auch! Er versteckt sich etwas hinter den Kletterrosen an der Stützmauer. Auch dieses Arbeitsgewölbe ist für Besucher heute zugänglich. Noch einmal gehe ich in den Obstgarten zurück, diesmal bis zum hinteren Weg, an einer kleinen, feinen Obstplantage vorbei und schaue mir das ganz mal von der an der Straße endenden Gartenseite an. Ich entdecke eine großzügig angelegte Doppeltreppe nach oben und gehe diesmal quer durch den Garten, um aus der Fülle von Farben und Düften leicht berauscht nach oben zu steigen.
Chinese tuin , prinsentuin , formele tuin , kleine Rozentuin und die Platanenallee mit den Markt-Ausstellern
Nach einem letzten Blick von der Balustrade in den Obst- und Gemüsegarten, wende ich mich dem französischen Barock-Garten zu, den die Belgier prinsentuin nennen. Das ausgedehnte Schloss ist eine Dreiflügelanlage. Nur wenn man vom Formalen Garten auf das Gebäude zugeht, sieht man den Innenhof, der von den drei Gebäudeteilen eingerahmt ist.
Erst vor kurzem ist der französische Barock-Garten, prinsentuin, aufgenommen und renoviert worden. Er bildet ein schmales bunt blühendes Potpourri die Hausfront entlang. Buchs dient der Einfassung großer Rechtecke, die in den schlichten Kieswegen sehr gut zur Geltung kommen. Sehr viel Großzügigkeit verleihen die lediglich zwei Farben blau von Salbeiblüten, sowie die gelbgrünen Blätter einer Staude, die wohl erst nach dem Salbei blühen wird. Versetzt gepflanzt wirkt dieses blau noch tiefer und die gelbgrünen Blätter noch frischer. Sehr angenehm ist die Pflanzung der Seitenenden und dem Längsabschluss. Unter den hohen Parkbäumen verblühen stilvoll die Hortensien, die Strauchrosen an der Längsseite haben sich ebenfalls dezent aus dem Blütenkonzert verabschiedet.
Ich gehe weiter zum anderen Parallel-Flügel des Hauses, dem ein kleiner Rosengarten vorgelagert ist. Er ist mit besonderen Rosen bestückt. Die ältesten stammen noch aus dem 18. Jahrhundert, die Ostindische Kompanie soll sie hierher gebracht haben. Es gibt die Rosen überall im Park, ich habe sie ja auch im Potager und im Französischen Garten gesehen. Den großen Rosengarten, rozentuin, den man über die Platanenallee erreicht, haben wir nicht besucht, denn dort davor ist auch der Markt angesiedelt und da bin ich jetzt mit Sabine verabredet.
Vorher möchte ich noch den Chinesischen Garten, Chinese Tuin, anschauen. Aber mit diesem Garten kann ich nichts anfangen. Also auch kein Foto, aber die Wasserpflanzen-Aussteller davor haben mich interessiert und die gelungene Präsentation der Lotosblumen will ich gerne zeigen. Danach gehen Sabine und ich gesittet mit Abstand den Einbahn-Weg an den Ständen vorbei. Ein kleiner Flirt mit einem Knoblauch liebenden Zwiebelhändler gehört dazu.
Sollte ich es 2022 im Juni schaffen, wieder nach Kasteel Hex zu fahren, dann werde ich als erstes auf die Suche nach der Rose ‘Gravin Michel d’Ursel’ gehen. Diese Moschata-Hybride bekam vom Rosenzüchter Louis Lens 1994 den Namen der Gräfin Michel d’Ursel, die seit den 1960er Jahren die Sammlung von alten und seltenen Rosen auf Hex begründet hatte und ebenfalls die Offenen Gärten Hex ins Leben gerufen hatte. Da ihre Familie dieses Erbe weiterpflegt, sind die Gärten bis heute zur Rosenzeit geöffnet. Schön finde ich den Satz ihres Sohnes, Graf Ghislain d’Ursel, der sich zu diesen Erinnerungs-Veranstaltungen für seine Mutter folgendermaßen geäußert hat:
“Historische Gärten erhält man zum Gefallen und nicht für Profit”.
Bereits vorgestellt habe ich unter den internationalen Gärten einen weiteren belgischen Garten: Dina Deferme. Wer eine weitere Anfahrt hat, kann diesen Garten sehr gut mit Kasteel Hex verbinden, so dass sich die Fahrt über die Grenze doppelt lohnt.
2022 sind die Termine Anfang Juni 2022, sowie am 10. und 11. September 2022.
Kasteel Hex, Belgien, Provinz Limburg, 3870 Heers, Hekslaan 1, Tel. 0032-12-74 73 41, Email: gardens@hex.be Internet: www.hex.be
12 Kommentare
Sehr interessante Anlage liebe Renate. Da warst Du in Deinem Element und konntest voll genießen
Ja liebe Christa, das stimmt in der Tat, es war ein herrlicher Septembertag in sehr angenehmer Begleitung und da die “Massen” nicht stattfanden und sich die Menschen auf dem großen Areal gut verteilten, war es auch ein sehr entspannter Genuss. LG Wurzerl
Ein wunderbarer Bericht, liebe Renate. Deine Freundin hat dir einen wunderschönen großen Landschaftsgarten ” zum Gefallen” gezeigt. Wunderbar. Ich hoffe, dass die Reisen nächstes Jahr alle wieder so gut Möglich sind.
Liebe Erna, der Tag in Gelderland, den Du Christa und mir geschenkt hast, war genau die gleiche Wohltat – und ja, gefühlte Normalität. Wie hat das gut getan! Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Danke für diesen wunderbaren, toll bebilderten Rundgang. Der Potager ist eine Augenweide. Ich finde, die Atmosphäre und das üppige “Miteinander/Durcheinander” wohltuend für die Seele.
Ja, liebe Annette, genau so habe ich das auch real empfunden. Der Aufenthalt in diesem Park war Wellness für alle Sinne. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Vielen Dank für den Bericht und die wie immer fantastischen Fotos! Das Kasteel Hex liegt nahe meiner “Einkaufs-Rennstrecke” von Zaventem nach Aachen, und trotzdem habe ich es bisher noch nicht zu den Gartentagen geschafft. Ich weiß jetzt, dass das nachgeholt werden muss. Und sei es nur, um diesen märchenhaften Apfelbaum und den Gemüsekeller zu sehen!
Liebe Anja, das sind 2 von vielen guten Gründen Kasteel Hex zu besuchen. Du kannst Dir ja die Öffnungstage schon mal vormerken. Und solltest Du den Garten von Dina Deferme auch noch nicht kennen, dann verbinde das ruhig, es wird Dir beides gefallen. LG und schönes Wochenende Wurzerl
Hallo Renate,
es ist doch klasse, wie schön ein Obst- und Gemüsegarten sein kann. Wunderschön bunt mit den Dahlien und den farbenfrohen Blättern und “Strünken” der Gemüse. Wieder so ein toller Garten, den du vorstellst! Belgien hatte ich für Gartenbesuche bisher gar nicht “auf dem Schirm”, offensichtlich gibt es auch dort lohnende Reiseziele.
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende,
liebe Grüße,
Susanna
Liebe Susanna, jaaaa, die Herbstfarben in einem Potager haben es in sich. Doch Belgien ist tatsächlich ein Gartenland mit vielen verschiedenen Einflüssen (Normandie, Südengland, Niederlande, Norddeutschland) die es zum Besuch sehr lohnenswert machen. Auch der “Knöterichpapst” kommt aus Belgien, es gibt viele abwechslungsreiche Stile da zu bewundern. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Wouh was für ein Schmuckstück dieser Gemüsegarten wunderschön… Den möchte ich auch mal anschauen.. Ja ich habe noch viel vor. Gut so… Danke für die Führung ich habe es vor mir gesehen und den Duft in der Nase gehabt..
Liebe Karin, sicher ist es nicht unwichtig, wenn man bei der Planung als erstes festlegt, ob man ein Rosen-Sommer- oder Herbst-Ernte-Mensch ist. Danach solltest Du den Zeitpunkt Deines Besuches ausrichten. Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag. LG Wurzerl