Ankommen
Ostfriesland ist für mich inzwischen wie „Heimkommen zu guten Freunden“. Tatsächlich schätze ich es aber auch als zentralen Ausgangspunkt zu vielen umliegenden Gartenschätzen, interessanten Städten und besonderen Landschaften. Nichts ist weit entfernt, so ist es zum Beispiel tatsächlich fast ein Katzensprung von hier aus in die Niederlande zu fahren. Groningen ist zum Beispiel leicht und schnell erreichbar. Es dauert nicht lange und Erna de Wolff, die dankenswerterweise chauffiert, steigt mit Marion und mir in Meeden, am Parkplatz der „Tuingoed Foltz“ aus.
Meeden wurde erstmals 1391 als „de Medum“ erwähnt, was „unteres Heuland“ bedeutet. Das Straßendorf entwickelte sich auf einem sandigen Bergrücken an der Grenze zum Oldambt und den Torfkolonien. Das war ein guter Platz für Andries Bierling und Bob Foltz, um im Sommer 1999 dort einen hundert Jahre alten Bauernhof mit 4 ha Land zu kaufen. Im März 2000 eröffneten sie auf ca. 1.5 ha intensiv genutztem Boden die Gärtnerei „Tuingoed Foltz“.
Interessant ist der Werdegang der beiden Gärtner. Andries Bierling kommt ursprünglich aus dem PR-Bereich der Universität Groningen und verschaffte der Gärtnerei sehr schnell eine gute PR- und Medien-Präsenz weit über die Grenzen der Niederlande hinaus. Bob Foltz stammt aus den USA; sein erster Beruf war Tänzer und Choreograph. Nach der Ausbildung zum Gärtner war er bereits vor „Tuingoed Foltz“ acht Jahre lang Mitinhaber einer Gärtnerei.
Viele Jahre bewohnte Bob Foltz mit Andries Bierling zusammen einen alten Bauernhof. Irgendwann war die Gartenbegeisterung der Beiden dann so groß, dass sie sich in Meeden ansiedelten, um vor allem ihre Begeisterung für Stauden in der Gärtnerei ausleben und weitergeben zu können.
Astrantia ‘Buckland’ – Aquilegia vulgaris ‘Black Barlow’ – Astrantia ‘Burgundy Manor’
Wie gut diese Entscheidung war, konnten sie unmittelbar an dem Anteil von Stauden erkennen, der aus der vorhergehenden Gärtnerei stammte. Der fruchtbare Boden in „Tuingoed Foltz“ kommt den Pflanzen im Wachstum so zugute, dass sie gegenüber dem früheren Standort enorme Höhenzuwächse aufweisen.
Auf 35.000 qm erwarten den Pflanzenfreund immer neue Überraschungen. Die Sonnenbereiche der Gärtnerei sind dominiert von zwei Staudengattungen, die jetzt im Frühling noch nicht blühen. Ich hätte Euch sonst gerne den Präriegarten mit der niederländischen Echinacea-Sammlung oder den Salbeigarten mit der niederländischen Salvia-Sammlung und Gräsern bestückt, im Bild gezeigt. Die große Stunde der Sommerstauden schlägt vom 20. bis 21.7.2024 an den Salvia- und Echinacea-Tagen, zu denen die Gärtnerei einlädt.
Gillenia trifoliata ‘Pink Profussion’ – Iris sibirica – Bupleurum longifolium
Während ich durch die Gärtnerei schlendere und zwischen den Sonnenbeeten herumflaniere, fällt mir mehrmals eine Sichtachse auf, die den Blick vom Gärtnerhaus bis hinter zu einem charakterstarken Gehölz mit einer Bank davor leitet. Die Bank zieht mich magisch an.
Malerisch breitet sich dahinter die Catalpa bignonioides aus, ich empfinde den Platz sofort als starken Kraftort. Immer wieder wird die Bank von Besuchern besetzt, um ein wenig innezuhalten. Auch Andries Bierling führt Malte Schoon, der dankenswerterweise das heutige Video gedreht hat, an diese Stelle, um unter anderem auch über den Baum zu erzählen. Bitte macht den Ton laut und schaut Euch diesen sympathischen Gärtner an, bevor wir weiter durch die Gärten spazieren.
Im Anschluss an die Catalpa befinden sich noch weitere Sonnenbeete, aber mein Blick wandert nach hinten zum Waldrand. Bevor ich ihn jedoch erreiche, erwartet mich eine weitere Überraschung, nämlich der im Jahre 2017 angelegte Dschungelgarten. Am 10. und 11. August findet in der Gärtnerei übrigens der “Große Exotenmarkt” statt.
Das Kleinklima im exotischen Garten ist durch den dahinter folgenden, schützenden Waldgarten perfekt. Durch den entsprechenden Abstand zu den Gehölzen bekommen die Baumfarne, Gunnera und Co. genügend Licht, um optimal gedeihen zu können. Der Kontrast beim Übergang in den Wald ist durch die besondere Atmosphäre im Dschungelgarten, der mich etwas an den Exotengarten von Great Dixter erinnert, richtig prickelnd für mich.
Lathraea clandestine, Verborgene Schuppenwurz, ein faszinierender Parasit im Waldgarten
Kaum tauche ich in das Licht- und Schattenspiel der Laubbäume im Waldgarten ein, erwartet mich ein weiterer “Aha”-Effekt. Vor mir breiten sich lila Fleckenteppiche der Verborgenen Pracht-Schuppenwurz, einem Voll-Parasiten aus. Einige Baumstämme hat sie bereits ebenfalls besiedelt. Sie zeigt sich nur von Februar bis in den Juni hinein, denn lediglich der Blütenstand ist oberirdisch zu sehen.
Die Schuppenwurz gedeiht hauptsächlich auf feuchteren, etwas sauren Böden, an den Baumscheiben von Laubbäumen wie Salix, Alnus, Fagus oder Populus. Nachdem sich ihr natürliches Vorkommen auf subozeanisch-temperierte Gebiete in Nordspanien, Italien, Frankreich und West-Belgien beschränkt, frage ich mich, wie sie es bis in die „Tuingoed Foltz“ geschafft hat. Vielleicht als Neophyt, ähnlich wie bei den Britischen Inseln, oder zweier Fundorte in Oberbayern?
Der Waldgarten hat aber noch sehr viel mehr zu bieten. Viele Schattenstauden demonstrieren, was sich alles zur Unterpflanzung von Gehölzen anbietet. Es gibt mehrere Schattengärten in der “Tuingoed Foltz”. Der, in dem ich mich gerade befinde, nahe der Schuppenwurz, ist relativ feucht. Andere Bereiche im vorderen Gärtnereibereich, aber auch hier im hinteren Teil, in dem ich gerade durchlaufe, wird der Boden zunehmend trocken.
Epimedium ‘Egret’ – Epimedium grandiflorum ‘Circe’ – Epimedium ‘Fire Dragon’
Aber auch für die trockeneren Bodenverhältnisse gibt es im Schattengarten Stauden wie Gräser, Farne und verschiedene Storchschnabelarten und -sorten, die das Bild beleben. Die wichtigste Pflanze in diesem Areal ist jedoch unbestritten das Epimedium, die Gattung ist mit etwa 200 verschiedenen Arten und Sorten ausgepflanzt. Pflanzen, die sich nach mehrjährigem Beobachten bewähren, sind auch vorne auf den Verkaufstischen zu finden.
Vom 1. April 2024 bis zum 12. Mai 2024 heißt es in Meeden, Westerlee und Oostwold: “Gehen wir Elfen anschauen…”. Rika van Deldens “Tuinfleur” (Oostwold), “Jan Wilde een Tuin” (Westerlee), über beide gibt es schon Websitebeiträge in Wurzerlsgarten, haben sich mit der Staudengärtnerei “Tuingoed Foltz” zusammengetan und präsentieren den Elfen-Fans ihre Epimedium-Sammlungen. In der Gärtnerei gibt es zusätzlich am 11. und 12. Mai 2024 die Annuellen- und Epimedium-Tage.
Der selten zu sehende Vogelschmeiß-Spanner (Lomaspilis marginata) fliegt von Mai bis August in lichten Wäldern, an Waldrändern oder in Gärten. Die Epimedium-Sammlung im Schattengarten von “Tuingoed Foltz” lässt sich der Genießer natürlich nicht entgehen.
Corydalis elata x flexuosa, Blauer Lerchensporn – Hosta ‘Stiletto’ – Athyrium niponicum var. pictum ‘Burgundy Lace’, Regenbogenfarn, Brokatfarn
Besondere Stauden finden sich immer wieder in den Wald-Lichtungen oder am Gehölzrand. Auffällig sind dabei die Blattformen und -farben von Hostas oder Farnen, die sich bei der Konkurrenz von Blauem Lerchensporn und anderen Staudenschätzen so richtig ins Zeug legen. Gerade die Raritäten in der Gärtnerei werden immer wieder besonders gewürdigt. So finden am 8. und 9. Juni die “Gartenfarn-Tage” mit vielen weiteren Gartenschätzen statt. Zu Gast sind auch andere Gärtnereien und Pflanzenjäger, was die Atmosphäre zusätzlich belebt.
Nach dem letzten Waldgürtel öffnet sich der Garten in mehr Extensivität und die Natur bekommt mehr und mehr Freiraum, mit ungemähten großen Wiesenstücken, wilden Ecken und vielerlei Unterschlupf-Möglichkeiten für Tierarten. In so einem Biotop bedarf es schon besonderer Rasenmäher. Sie lassen es sich einfach schmecken und schmeißen ungerührt ihren Fototermin mit mir.
Bevor ich nach vorne in die Gärtnerei zurückgehe, um mir noch den kleineren Privatgarten anzusehen, schaue ich noch einmal über die Baumsilhouette und denke so bei mir, was für ein edler Rahmen das doch für die letzten Veranstaltungen im Herbst in der Gärtnerei ist. Wenn sich ab September die Gräser und andere Herbststauden in Höchstform präsentieren, erwartet die Besucher am 21./22.9. und 28./29.9.24 zusätzlich der “Herbststauden-Markt”, der von eingeladenen Zwiebelgärtnern bereichert und mit bestückt wird. Am 19.10. und 20.10.24 feiert die Gärtnerei ein letztes Mal mit Gästen und Besuchern eine Art “Erntedank-Fest”, das neben unterschiedlichsten Früchten noch einen weiteren Farnschwerpunkt anbietet. Es ist zu jeder Jahreszeit schön hier, ich möchte gerne zu einer anderen Zeit wiederkommen.
Herzlichen Dank an Andries Bierling, der mir erlaubte, die Gärtnerei zu fotografieren und in “Wurzerlsgarten” über sie zu berichten. Ich finde das Flair, die Auswahl und Qualität dieser Stauden-Gärtnerei, neben dem Gespür für den gelebten Naturschutz, sehr bemerkenswert.
Tuingoed Foltz, Andries Bierling & Bob Foltz
Adresse: 9651 AT Meeden (NL), Hereweg 346, Provinz Groningen
Kontakt: Tel. 0031/598635000 Handy: 0031/610593437
Mail: kwekerij@tuingoedfoltz.nl
Website: www.tuingoedfoltz.nl
9 Kommentare
Meine Lieblingsgärtnerei. Ist immer wieder schön durch den Garten zu gehen und das eine oder andere Schätzchen mit nach Hause zu nehmen.
Das kann ich gut verstehen Gertrud. LG Wurzerl
Liebe Renate. Ich hoffe ich kann beim nächsten Besuch mehr erlaufen. Konnte ja leider nicht alles sehen.
Dein Bericht macht wieder sooo neugierig auf den Garten
Oh ja, das wäre toll, z.B. im Herbstflor. LG Wurzerl
ich finde nur ein Wort:
***** BEMERKENSWERT! *****
Schade, daß ich zu weit weg wohne und kein Auto habe,
dort könnte ich jeden Tag sein.🤗☺️👋
Liebe Ute, ich auch, aaaaber, da sind halt 950 km zwischen mir und der Gärtnerei, lach. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Hallo Renate,
und schon wieder eine Schuppenwurz, es bin ich neidisch, natürlich auch wegen der Gartengröße! 😍
Viele Grüße
Elke
Die Wurz hatte ich Dir ja schon letzte Woche versprochen, lach. LG Wurzerl
Ein toller Garten und ein sympathischer Gärtner. Beneidenswert ist vor allem der feuchte Schattenbereich, der fehlt uns hier. Und Esel! die finde ich klasse.
LG Susanna