Roswitha Amschlers Gärten in Unsleben, Teil 1

Hausgarten Roswitha Amschler

Der Hausgarten

Unsleben liegt im Tal der Streu, südöstlich der Rhön, im Norden Unterfrankens. Eine erste Ansiedlung gab es wohl schon im 4./5. Jahrhundert. 1162 wurde der Ort dann erstmals urkundlich erwähnt. Das Wasserschloss Unsleben war ein fränkischer Rittersitz mit großer Bedeutung in Bayern. Der Mühlgraben, eine Abzweigung der „Streu“ umfließt den Schlossgraben.

Viel Wasser gibt es auch auf dem am Ortsrand befindlichen Grundstück von Roswitha Amschler, welches ich vormittags erreiche. Der Garten besteht aus verschiedenen, nicht zusammenhängenden, unterschiedlich angelegten Bereichen. Zwei davon möchte ich Euch heute gerne vorstellen.

Schon an der Grundstücksecke, ich bin auf dem Weg zum Hauseingang, strahlt mich die Wildrose Rosa multiflora an. Meine Schritte werden eiliger, bis ich vor dem Hausweg stehe, der von einem massiven Metallbogen eingerahmt ist. Rosa russeliana , deren Blüten von karmesinrosa über pink bis zu einem leichten Violett-Ton beim Verblühen changieren, betrachtet amüsiert aus der Höhe, das hellgrüne Fußvolk Corydalis lutea, den Gelben Lerchensporn, und ein gerade gelblich frisch austreibendes Nadelgehölz neben den beiden Wegrändern. Im Hintergrund tragen gelbe Erysimum cheiri und Euphorbien zur natürlichen “Weg-Beleuchtung” bei.

Da ich nicht ins Haus möchte, folge ich dem Gartenweg, der nach rechts abzweigt. Aber zuvor betrachte ich noch die linke Seite des Hausgartens. Die zum Weg hin filigranen Blätter des Lerchensporns finden hinter dem Rosenbogen und einem Zaubernussgewächs eine kontrastreiche Entsprechung mit hohem Thalictrum, Allium- und Rodgersia-Blüten. Das kastanienblättrige Schaublatt und eine große, blaue Hosta bilden zusammen mit dem Farn, der eine interessante Skulptur umspielt, einen starken Gegensatz zum filigranblättrigen Wegrand. An der Hauswand entdecke ich beim Weitergehen eine interessante, gekrönte Halb-Skulptur am Fenster. Sie ist umrahmt von dunkelgrünem Efeu. Nach dem “Glücksfund” wieder ein neues Symbol? Vielleicht erzählt diese Stelle einfach die Tatsache, dass hier im Garten die Pflanzen die Könige sind?

Ich biege um die Ecke und bin im schmalen Seitengarten, der im Westen von einem natürlichen, waldig bepflanzten Bachgraben als Gartenende begrenzt ist. Mehrere Pflanzbögen, die meinen Blick durch die Sichtachse hindurchleiten, verlocken zum Weitergehen und machen mich neugierig. Die Wegplatten sind mit kleinen Moospolstern umrandet. Die Kantsteine sind wie zufällig platziert. Ich könnte fast in einem kleinen Waldstück sein, anstatt in diesem schattigen, heimeligen Hausgarten-Teil. Das wird auch noch betont durch den unbefestigten, schmalen Weg, der unmittelbar an der Grabenkante nach hinten führt. Eine vor sich hin sinnende Männer-Skulptur scheint mit ihrem Schattenplatz an der Ecke einer der Terrassen, die rund um das Haus platziert sind, sehr zufrieden zu sein.

Schon im schattigen Bereich freue ich mich über das gänzliche Fehlen von Plastiktöpfen. Die Tontöpfe setzen sich auch im großen hinteren sonnigeren Garten fort. Immer wieder sehe ich schöne, natürliche Arrangements abwechslungsreich mit Hostas, oder feinblättrigem Sedum u.a. gefüllt. Die Sitzgelegenheiten im Garten sind ausschließlich aus Holz, das sich ganz natürlich in den Garten einfügt. Auch im hinteren Hausgartenbereich, in dem ich nun angekommen bin, sind viele Gehölze gepflanzt. Bevorzugt werden bei den Blättern unterschiedliche Grüntöne, die manchmal sogar einen “Goldüberzug” haben, wie die Robinia pseudoacacia ‘Frisia’, eine Goldakazie. Sie zieht schon von weitem dominant alle Blicke auf sich. Im Gegensatz zu anderen Gartenbereichen gibt es im Hausgarten kaum rotlaubige Gehölze. Darum wirkt er trotz Baumreichtum niemals düster.

Jeder Meter auf dem mit Gebäuden 1100 qm großen Grundstück wird bestmöglich für Pflanzen genutzt. So finden im Anlehn-Wintergarten nicht nur Exoten in Töpfen ein geschütztes Zuhause, es gibt auch Boden-Aussparungen vor den niedrigen Stützmauern für die Glaselemente, die mit Erde gefüllt, weiteren Pflanzen ein geschütztes Wachstum ermöglichen.

Die Blumenelfe dirigiert das Blütenkonzert mit leichter Hand, so wirkt alles im Hausgarten, wie rein zufällig und natürlich entstanden.

Beth Chattos Motto: “right plant – right place” ist für Roswitha selbstverständlich. Alles, was sie in ihrem Garten integrieren möchte, wird standortgerecht gepflanzt. Die Gewächse finden einen 35 Jahre alten, guten Gartenboden vor und so ist es nicht verwunderlich, dass ich keine kränklichen oder blühfaulen Pflanzen im Garten entdecke. Die tatsächliche Blumenelfe im Garten scheint mir Roswitha zu sein.

Um den Seiteneingang in den Garten zu entdecken, muss man schon genau hinschauen. Denn der Garten ist rundum mit Bäumen und Sträuchern umgeben zu einer natürlichen Hecke zusammengewachsen. Ich laufe ein paar Meter nach draußen, um mir den Bereich aus dieser Position in den Garten hinein anzusehen. Es gibt hier eine natürliche Verlängerung des Rasenweges und eine flankierende Bepflanzung. Das vermittelt ein Gefühl, als wäre man schon mitten im Hausgarten. Dann schaue ich mir die Rückseite des Wintergartens an. Im Schutz der Gehölze steht hier dicht an dicht die Topfparade mit den Hostas. Von beiden Seiten wirkt der Wintergarten wie eine Lichtschneise. Überall sind Pflanzen zu sehen und eigentlich verraten lediglich die Glasrahmen, dass sich hier eine Unterbrechung mit einem geschlossenen Raum befindet.

Ich gehe weiter und es dauert eine Weile, bis ich den gut eingewachsenen Teich entdecke. Die Sichtachse mit großen, lila Paukenschläger-Lauchblüten und Eiben, welche die Kugel-Form des Alliums wieder aufnehmen, lenkt mich ab. Dann entdecke ich die Skulptur eines “Faunes”, die mich auf das Wasser aufmerksam macht. Ich weiß nicht genau, ob ich vor dieser Naturgottheit, die in der Mythologie für die Fruchtbarkeit in der Natur zuständig ist, tatsächlich stehe, aber die Hörner auf dem Kopf deuten sehr darauf hin, und es würde gut in diesen Garten und an das Teichufer passen.

Neben dem Gärtner-Credo von Beth Chatto hat sich Roswitha Amschler noch ein weiteres zu eigen gemacht. Auch sie ist der Meinung, wie es seinerzeit Karl Foerster war, dessen 150. Geburtstag dieses Jahr in Potsdam gefeiert wird, dass es in einem guten Garten ganzjährig durchblühen sollte.

Die Blühsaison beginnt darum im Garten bereits im Januar, wo Roswitha flächendeckend Frühlingsgeophyten gepflanzt hat. Diese blühen bis Ende Mai durch und werden ab Februar nach und nach von höheren Stauden wie Helleborus und den ersten Gehölzblüten unterstützt. Später sorgen Pfingstrosen und Storchschnäbel, Taglilien, Rosen, danach Astern und Herbstanemonen, neben den sommer- und herbstblühenden Gehölzen und Efeu für den Nektarnachschub. Die dichte Bepflanzung im Hausgarten macht das möglich. Biodiversität ist im Garten Amschler ein wichtiges Thema. Ich erkenne es unschwer bei meinem Standort-Wechsel in den Kies- und Wasser-Garten, wohin ich Euch als nächstes mitnehmen möchte.

Der Naturgarten

Der Naturgarten

Dieser Gartenbereich ist für die Bevölkerung geöffnet und wird gerne besucht. Bevor wir in den großen Naturgarten eintauchen, der durch eine kleine Durchfahrtsstraße, von Haus und Hausgarten getrennt ist, möchte ich gerne Roswitha Amschler zu Wort kommen lassen. Ulrike Koska hat sie im Kiesbereich gefilmt. Bevor Ihr auf das Bild klickt, macht bitte den Ton laut, denn es sind am Rand des Interviews einige fröhliche Gartenbesucher zu hören.

Der Kiesgarten

Im Zugangsbereich des Kiesgartens, der dreimal so viel Fläche aufweist, wie die Teiche, steht ein Schild für die Radfahrer. Wer mit dem Fahrrad in den Naturgarten möchte, muss sein Radl auf dem privaten Gelände schieben. Der Drahtesel soll ja nicht die Hochzeitszeremonie der Weinbergschnecken, die erfahrungsgemäß etwas “schleppend” verläuft, platt machen.

Allium atropurpureum, Zierlauch und Trichodes apiarius, Bienenwolf – Rosa moschata ‘Bukavu’Rosa moschata ‘Plaisanterie’

Wie sollte man auch vom “hohen Ross” aus, den Bienenwolf im Zierlauch, oder die Wildbienen in den Moschata-Rosen entdecken? Der Kiesgarten, ein ehemaliger Holzlagerplatz, besteht aus 1.5 m hoch aufgeschüttetem Mineralbeton und Kalkschotter. Hier findet sich in jeglicher Hinsicht ein Kontrastprogramm par excellence zum Hausgarten, den ich soeben verlassen habe. Hohe Gehölze befinden sich hauptsächlich im Randbereich, um den Kiesgarten nicht unnötig zu beschatten. Aber es gibt hier auch immer wieder niedrigere Kleinbäume und Sträucher, um den Blick aus dem Garten hinaus in die Landschaft zu locken. Ehrlich gesagt verschmilzt dieser Gehölzsaum derart natürlich mit dem Gelände, dass mir nur bei genauem Hinsehen die Grundstücksgrenzen bewusst werden. Das ist eine sehr gelungene, gut umgesetzte Planung.

Im hinteren Bereich des an sich flachen Areals liegt ein bewachsener Hügel. Auf seiner Nordseite wurden ausgebaggerte große Kalksteine aufgehäuft, im Süden befindet sich abgetragener Oberboden, der schnell von Pionierpflanzen erobert wurde. Es sind hauptsächlich Wildblumen der natürlichen “Kalkmagerrasenflora”, die sich im Kiesgarten angesiedelt haben. Roswitha ergänzte diese noch durch weitere für Insekten wertvolle, trockenheitsresistente Stauden, indem sie Pflanzinseln angelegt und mit etwas Komposterde angereichert hat. Insgesamt sind diese Pflanzstellen jedoch so mager gehalten, dass die Stauden und Kleingehölze ohne Gießen zurechtkommen.

Allium atropurpureumCentranthus ruberPapaver rhoeas

Was mir an diesem natürlichen Kiesgarten so gut gefällt, ist das Verschmelzen der bunten Blüten mit dem Grünrahmen des Gehölzgürtels und dem Blattreichtum auf den Pflanzinseln. Läuft man aber nicht einfach durch, sondern schaut genauer hin, dann zeigen sich die Blütenköpfe der Stauden und Annuellen in ihrer Charakteristik und Schönheit.

Man könnte meinen, der Kiesgarten wäre ein uneingeschränktes Paradies für Wildbienen. Es gibt hier viele Insekten, aber zum Leidwesen von Roswitha auch Bienenkästen auf dem Nachbargrundstück. Die Honigbienen bedrängen die Wildbienen beträchtlich. Roswitha wünscht sich deshalb, dass der Nachbar selbst vermehrt Trachtpflanzen für seine Bienenvölker anbaut.

Das gleiche gilt für die Gehölze, es ist nicht nur die Rosenzeit, als ich den Garten besuche, auch eine feine Auswahl an verschiedenen Holundern, der Fasanenspiere oder dem Sommerflieder, um nur einige zu nennen, blühen jetzt und ziehen meinen Blick auf sich.

An einigen Stellen fallen mir dunkle Basaltblöcke auf. Das ist ein hartes Gestein, das nicht so leicht bricht, wie Kalkstein. Roswitha suchte sie im Steinbruch Bauersberg bei Bischofsheim für den Kiesgarten aus. Die Basaltsteine dort sind Zeugen dafür, dass die Bergkuppen der Rhön vulkanischen Ursprungs sind. Von den vielen Basaltsteinbrüchen der Rhön ist nur noch der “Bauersberg” übriggeblieben.

Physocarpus opulifolius ‘Diabolo’, Fasanenspiere – Buddleja alternifolia, Sommerflieder – Sambucus Black Beauty, Schwarzer Holunder

Roswitha ist ein Fan von “Blackbox Gardening” und lässt, wo immer möglich, Aussaat zu, was in lückigen Bereichen gut funktioniert. So ändert sich der Naturgarten kontinuierlich und der Kiesgarten kann seine Eigendynamik auf spannende Art und Weise ausleben. Das gleiche gilt für die Teiche, bei denen ich inzwischen angekommen bin.

Der Teichgarten

Mehrere Teiche sind in der gleichen natürlichen Qualität in den Naturgarten integriert, wie der Kiesgarten. Einer der Teiche wird sommers zum Schwimmen genutzt. Die Uferbepflanzung hat sich, noch stärker als im Kiesgarten, vorwiegend von selbst angesiedelt. Feuchtgebiets-Hochstauden wie Blutweiderich, Mädesüß, Wasserdost, Minze, Seggen und Schilf beherrschen das Bild. Die Anlage von Benjeshecken und Gehölzschnitt, Staudenreste und Laub, zwischen Bäumen und Sträuchern deuten darauf hin, dass das Areal nicht nur für Insekten paradiesisch ist. Alle verwertbaren Naturschätze bleiben im Garten.

Das schafft neben den Steinhaufen und vielfältigen Hecken im Kiesgarten auch im Teichgarten viele Schlupfwinkel für Igel, Wiesel, Mäuse, Käfer, Bisamratten und Schermäuse (letztere mag die Gärtnerin gar nicht). In den Teichen finden sich Reiherenten, Wasserhühner, und Fischreiher ein. Ganzjährige Vogelfütterung und zahlreiche Vogelnährgehölze sorgen für eine Vielzahl an unterschiedlichsten Vögeln Ratten werden zwar durch das Vogelfutter angelockt, aber in diesem “gesunden Naturgarten” funktionieren noch die natürlichen Mechanismen und Greifvögel, oder nachts auch mal ein Uhu, kommen dann auch auf ihre Kosten. Nicht so einfach ist es mit den Waschbären, über die sich Roswitha doch öfter mal ärgert. Fasziniert dagegen ist sie von den Bibern, die seit 5 Jahren hier leben und am großen Teich eine Biberburg gebaut haben. Den Bach am Gartenrand haben sie aufgestaut und ein schönes Feuchtbiotop kreiert.

Zwischen den Gehölzen stehend, erhasche ich vom Teichufer aus einen letzten Blick in die “geborgte Landschaft”. Ich muss meine Gruppe dringend zum nächsten Garten begleiten. Nun rächt es sich, dass ich, wie es meine Gewohnheit ist, mich keiner Führung angeschlossen habe, sondern allein losgegangen bin. Ich habe nämlich eine Menge Gartenteile, wie sich bei der Vorbereitung dieses Beitrages herausstellt, noch gar nicht gesehen. Roswitha sandte mir daraufhin einige aussagekräftige Fotos, die ich Euch jetzt zeige und ich beschließe, es wird einen 2. Teil aus dem spannenden Garten Amschler geben!

und dann sind da noch:

Obstbaumgarten

Obstbaumwiese im Frühling, Foto von Roswitha Amschler

Die Obstwiese im Frühling, Foto von Roswitha Amschler

Rosengarten

Der Rosengarten fotografiert von Roswitha Amschler

Der Rosengarten, Foto von Roswitha Amschler

Gemüsegarten

Hochbeet im Gemüsegarten, Foto von Roswitha Amschler

Hochbeet im Gemüsegarten, Foto von Roswitha Amschler

Staudengarten

Der Staudengarten, Foto von Roswitha Amschler

Stauden-Doppelborder, Foto von Roswitha Amschler

Präriegarten

Im Präriegarten, Foto von Roswitha Amschler

Der Präriegarten, Foto von Roswitha Amschler

nicht zu vergessen das kleine Arboretum, ein Senkgarten und die Hecke aus Historischen und Wild-Rosen. Das Alles habe ich bei meinem Besuch Anfang Juni nicht fotografieren können. Es wäre diesem Riesenbiotop mit den unterschiedlichsten Habitaten auch nicht gerecht geworden, hätte ich das alles in einen einzigen Beitrag gepackt. Ich möchte Euch die anderen Gärten gerne separat, zur passenden Zeit der Rosenblüte oder dem Präriehöhepunkt im Herbst fotografiert, in einem zweiten Teil vorstellen.

Heute sage ich erst einmal vielen Dank an Roswitha Amschler, dass ich kommen, fotografieren und den ersten Teil des Gartens zeigen durfte. Vielen Dank auch für die Zurverfügungstellung der 5 letzten Fotos, die ich von Roswitha bekommen habe.

Garten Roswitha Amschler

97618 Unsleben, Ringstraße 22

Bayern / Unterfranken

Kontakt: rbamschler@icloud.com

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