1. Teil Hostasammlung
Kann ein Sammlergarten auch ansprechend gestaltet werden?
Martina hat offensichtlich eine Schwäche für den Buchstaben “H”. Das beginnt bei ihrem Nachnamen “Henne” und bei ihrer Sammelleidenschaft “Hosta” und endet schließlich bei den Hühnern. Genau mit den Letzteren fange ich heute an.
Natürlich gibt es nicht nur Hühner bei Familie Henne, sondern auch einen stolzen Hahn. Aber jetzt schauen wir uns doch einfach erst den Video-Gruß von Martina an, bevor wir zu den Hostas marschieren. Tatsächlich ist es nicht schwer zu erraten, worüber uns Martina im Video erzählt.
Diese schöne, lebhafte Hühner-Rasse nennt sich im übrigen Vorwerk – Hühner.
Der vordere Bereich
Als ich im August 2018 zur Jahrestagung der Gesellschaft der Staudenfreunde fuhr, da stand für mich fest – ich muss auf jeden Fall die Bus-Fahrt buchen, bei der ich in den Garten von Martina Henne komme. August 2018? Ja, genau, das war der Hitze-Sommer, der keinen Regen kannte. Die Gärten verbrannten schneller zu Heu-Flächen, als man mit dem Sprenger löschen konnte. Das war in Niedersachsen nicht anders, als im Rest der Republik. Die einfallsreiche Brunnen-Konstruktion im Vorgarten Martinas konnte diesen Sommer auch nicht mehr herausreißen.
Es blieb bisher meine einzige Besichtigung von Martinas Garten und vielleicht wird es auch der Einzige sein, den ich nach nur einem Besuch auf meiner Website vorstelle. Auf jeden Fall möchte ich wiederkommen und einen 2. Teil des gesamten Gartens zeigen. Heute aber stelle ich den Teil vor, der mich so beeindruckt hat, dass er mir immer wieder im Kopf herumspukt!
Martinas Garten ist ein Sammlergarten und ihre Hostas bilden hier das unbestrittene grüne Herz. Die Gattung ist umfangreich im Garten präsent, alleine die namentlich bekannten Sorten belaufen sich auf etwa 362 verschiedene Hostas, die “No names” sind da gar nicht mitgezählt.
Was mich tatsächlich bis heute flasht, ist die Art der Präsentation, denn bei Martina finden sich große völlig hostafreie Flächen und da, wo sie zu finden sind, werden sie sehr gefällig präsentiert. Entweder sie sind ausgepflanzt, oder, was die Mehrzahl betrifft, sie stehen in schönen Übertöpfen und sind in ansprechendem Ambiente angeordnet. Es finden sich weder Topf an Topf-Reihen, noch Tapeziertische, die ganze Gartenpartien optisch beeinträchtigen können. Aber das will ich alles gleich zeigen. Zuvor möchte ich aber noch kurz über Haus und Garten erzählen und berichten, wie Martina bei den Hostas gelandet ist.
Das Haus ist 1987 auf dem Gelände eines alten Resthofes gebaut worden. Eine große Scheune blieb Ersatz für Garagen und Keller. Seit 1996 ist Familie Henne in diesem Anwesen zuhause. Martina hatte zu diesem Zeitpunkt lediglich Erfahrung als Balkongärtnerin.
Die Ansammlung von Fichten, eine Rose und eine Paeonie neben einem total vermoosten Rasen auf den insgesamt 2500 qm Grund war gärtnerisch gesehen sicher nicht ermutigend. Dazu kam, dass viele Stellen völlig verdichtet oder verschlammt waren, oder im Schatten lagen. Ein großer Hang, der sich quer durch das Gelände im großen hinteren Gartenbereich zieht, das sind sicher alles Dinge, die eine Junggärtnerin abschrecken konnten. Nicht so Martina, sie fing einfach an zu buddeln und hatte damit den Moosrasen eliminiert und im vorderen und seitlichen Bereich Schattenbeete gewonnen.
Sie pflanzte die passenden Stauden Astilben, Astrantien und auch Gelbrand-Funkien und eine hübsche Hosta ‘Schneefeder’. Als wir Beide zu Gärtnern anfingen, gab es noch keine Tante Google, aber es gab immerhin schon brauchbare Gartenbücher. So sah es dann schnell freundlicher aus, wie ein Blick über die Gehölze im vorderen Bereich zeigt.
Um 2006 hatte Martina dann das Aha-Erlebnis, das ihren Garten verändern und prägen sollte. Im Rahmen der offenen Gartenpforte entdeckte sie eine auf Hostas spezialisierte Gärtnerei bei Isernhagen. Die Funkien waren in Töpfen als Dekoration präsentiert und Martina hatte endlich eine Lösung für den bis dato ziemlich kahlen, schattigen Innenhof. Die “Hosta-Haben-möcht-Leidenschaft” war ausgebrochen und es sammelten sich immer mehr Hosta-Töpfe an. Etwa 80 % sind und bleiben in Topf-Kultur und Martina kann sich richtig austoben und sie so oft neu arrangieren, wie sie möchte. Trotzdem finden sich, wie schon erwähnt, große Gartenteile ohne Hostas, was ich für einen sehr klugen Schachzug halte. So freut man sich doppelt über die Clematis viticella ‘Betty Corning’, aber genauso auf die nächste Hosta-Deko-Gruppe.
Im hinteren Gartenteil
Die Fotos haben schon den vorderen und linksseitigen Bereich mit dem alten Baumbestand und den Schattenbeeten gezeigt. Hier ist auch ein Großteil der ausgepflanzten Hostas zuhause. Ich wiederhole jetzt den langen Weg von der Straße in Richtung Haus nicht, sondern gehe einfach weiter. Es geht ja um die Hosta-Sammlung und ihrer sehr gelungenen Präsentation. Der Blick in den Garten dient nur ein wenig der Orientierung.
Hinter dem Haus wird es sonnig und hügelig. Dieser Hügel wird in trockenen Sommern schnell ein Problem, das wenige Wasser läuft einfach weg. Trotzdem gibt es einige Staudenrabatten, die durchweg insektenfreundlich ausgesucht wurden. Eine optische Unterbrechung im Hang bildet ein Staketenzaun um den Teich, ein kurzer Bachzulauf und eine Brücke mit einem Seil, das nicht so schwer wirkt wie ein Holz-Handlauf oder eine ähnliche Konstruktion, hübsche weiße Laternen weisen den Weg nach oben.
Auf der Wiese kommen mir die ersten Hühner entgegen, aber die meisten bevorzugen im Sommer doch den kühleren, schattigen Innenhof. Jedenfalls haben sie oben ihren Stall und das in guter Gesellschaft, denn ein sehr großes Insekten-Hotel steht auch oben am Wiesenende. Auf der linken Seite gibt es ein Gegengewicht durch die Hochbeete, aus denen die Zucchini prall herausschlängeln und das Gewächshaus, das außerhalb und auch innen mit besonderen Pelargonien-Schätzen wie dem orangeroten ‘Friesdorf’ geschmückt ist. Die Freude an den Geranien, in der Regel den Blattschönheiten unter ihnen, ist bei Hostasammlern nicht außergewöhnlich.
Die Hostas rund ums Haus
So, nach diesem Schnelldurchlauf gehe ich jetzt einfach den Gartenweg entlang und freue mich auf die vielen Hostas in den Töpfen rund um das Haus. Sie stehen in Gruppen am Weg, an der Scheune gibt es eine Hosta-Ecke, natürlich sind auch die Ruinenmauer und das Gartenhaus mit den “Pracht-Pötten” geschmückt. Eigentlich findet man sie überall. Gerade noch freue ich mich über das Prachtexemplar einer Boehmeria, dann stehe ich vor einer Hosta ‘Remember Me’ und so geht es weiter, rund um das Haus, wie schön und da spaziere ich jetzt einfach mal herum.
Und… ich werde versuchen Einzelstücke zu benennen, aber ich werde nicht stur einmal um das Haus rennen, sondern so, wie ich entzückt von einem Motiv zum anderen kreuz und quer gelaufen bin, so zeige ich jetzt auch die Hostas. Gleich als erstes gefiel mir die Hosta ‘Stained Glass’ besonders gut. Dann laufe ich die Scheunen-Wand entlang und finde die Hosta ‘Touch of Class’ sehr schön.
Ein ganz besonderer Eye-Catcher ist die Ruinen-Mauer. So ein dekorativer Blickfang braucht eigentlich keine zusätzliche Deko. Aber einige von den besonderen großen Hostas passen hier einfach zu gut dazu, als dass man auf sie verzichten könnte. Es ist schön, dass es nicht überladen wirkt. Wie Martina es geschafft hat, ihre vielen Hosta-Töpfe so unbeschadet durch den Horror-Sommer 2018 zu bekommen, ist mir sowieso ein Rätsel. Aber die meisten Pflanzen stehen völlig makellos und für August wirklich gut in Schuss vor mir.
So, bitte schön, Hosta ‘Rainbows End’, ein wunderschönes Exemplar wie ich meine und was ich sehr schön finde. Martina lässt ihre Hostas auch blühen. Oft werden sie ja abgeschnitten, damit die Blattrosetten noch besser wirken. Hier darf sie blühen und, auch wenn sie nicht auffallend duftet, so ist dieser Sport von ‘Obsession’ doch auf jeden Fall ein toller Hingucker – einer von vielen!
Doch, natürlich habe ich noch mehr, ich könnte noch gut eine Weile so weitermachen. Egal ob an der Ruinen-Mauer, dem Gartenhaus, der Scheune, einfach am Weg oder am Wohnhaus, überall bleibe ich entzückt stehen. Das ist keine Hosta-Sammlung, denke ich, das ist ein zelebriertes Hosta-Fest. So liebevoll arrangiert und gepflegt habe ich sie in dieser Menge noch nie gesehen.
Ich bin begeistert und hoffe so sehr, dass man das den Fotos ansieht, die unter denkbar schlechten Bedingungen in den Morgenstunden in einer Gruppe mit 40 anderen GdS-Staudenliebhabern auf die Schnelle entstanden sind.
Martina Henne ist genauso wie ihr Garten, ehrlich, natürlich und unkompliziert. Und ich finde, die Hostas sind genauso und stehen diesem naturnahen Garten sehr gut. Die vielen Töpfe sind so abwechslungsreich arrangiert, so dass man vom ersten bis zum letzten Moment neugierig bleibt. Ein Glück ist es, dass der Garten relativ groß ist, denn mit einer Gartengröße von etwa 400 qm wäre es schlicht nicht möglich, seine Sammelobjekte so individuell als Schmuckstücke zu präsentieren.
Liebe Martina, ich weiß, es gäbe noch viel mehr zu zeigen, aber ich komme wieder und dann holen wir alles nach. Danke, dass ich Dich und Deine grünen Schätze vor den roten Klinkern kennenlernen durfte.
Trauriger Nachtrag
Liebe Martina, soeben habe ich erfahren, dass Du uns für immer verlassen hast. Die Welt der Traumgärtner/innen ist um einen wunderbaren Menschen ärmer geworden. Wir werden Dich immer vermissen und Du wirst in unseren Herzen bleiben.
18 Kommentare
Ich war auch Hosta Fan. Hier wird eine Meisterin dieser Arten und Sorten von einer Meisterin der Worte beschrieben.
Ja liebe Brigitte, Martina ist wirklich eine autodidaktische Garten-Meisterin und ihr Respekt vor jeder einzelnen Hosta macht für mich diese Sammlung so herausragend besonders, dass ich einfach keinen 2. Besuch abwarten wollte, sondern zeigen, wie wunderbar man eine Gattung präsentieren kann (natürlich wenn der Platz entsprechend vorhanden ist). Liebe Grüße Wurzerl
Renate, du hast es geschafft. Jetzt kann ich es kaum abwarten Martinas Garten im nächsten Jahr-wenn dieser Coronamist dann hoffentlich vorbei ist- zu besuchen. Danke für deinen ausführlichen Bericht.
Na, da bin ich aber gespannt und warte auf die Vollzugsmeldung! LG Wurzerl
Tolle Hostas, auch die Hühner gefallen mir
Liebe Marianne, soll ich Dir etwas verraten? Ich finde die Hühner auch zum Knuddeln und klar, am schönsten ist der Gockel. LG Wurzerl
Deine Titelfrage, ob ein Sammlergarten ansprechend gestaltet werden kann, hast du mit deinem ausführlichen und liebevoll gemachten Bericht, wie auch den wunderschönen Fotos, gleich selbst beantwortet. Ja, man kann, bzw. der Garten dieser grossen Hostaliebhaberin beweist es. Mit viel “Gespür” für diese Pflanzengattung, zeigt sie z.T. auf originelle Art, ihre Schönheiten. Alle sehen so makellos aus, da sind wohl keine Schnecken im Garten vorhanden. Sehr gerne habe ich diesen Rundgang mit dir gemacht, liebe Renate, gehöre ich doch auch zu den Hostafans (allerdings bin ich ständig im Kampf mit den Schleimis). Freue mich auf deinen Bericht, wenn du dem Garten einen zweiten Besuch abstattest.
Liebe Barbara, ja, so sehe ich das auch, darum wollte ich diesen Garten unbedingt zeigen. Hm, was die Schleimis angeht, ich glaube, das ist die 2. konsequente Tatfreude von Martina, sie wollte viele Hostas, aber sie wollte nicht nummerierte Töpfe sammeln, sondern Dekostücke. Und… sie wollte Hühner, aber nicht in einer Gartenecke weggesperrt, weil sie sonst ein falsches Blümchen herausscharren könnten, sondern ich sah sie an mehreren Stellen frei im Garten herumlaufen. Hühner und Enten sind meines Wissens die einzigen natürlichen Feinde der spanischen Wegschnecken. Voilà!
Ich wünsche Dir einen guten Sonntag liebe Barbara. Wurzerl
Liebe Martina genau so habe ich es auch empfunden… Dein Garten ist mit einer Liebe gestaltet und ist unkompliziert und liebenswert wie Du…. Isch Liebe disch…. Der Satz prägte unser Kennenlernen!!!!! Komme bald wieder… Renate sehr schöne Beschreibung und Fotos…. Die Seele hast du ei gefangen… Liebe Grüße Karin
Danke liebe Karin, genau, dieser Satz liegt einem auf der Zunge, wenn man Martina kennenlernt und sie dann noch in ihrem Garten erlebt. Diesen Garten zu erfassen war wahrlich nicht schwer, er ist so natürlich und ehrlich wie Martina. Schön, dass Du sie auch schon besuchen konntest. Unsere Traumgarten-Reise nach Ostfriesland hat wirklich viele Garten-Tore nachhaltig geöffnet. Das freut mich jeden Tag.
LG Wurzerl
Wie schööön. Ich muß Martina unbedingt besuchen, zumal unsere Gärten garnicht so weit entfernt sind.
Oh ja, ich glaube das wird für Euch Beide eine schöne Begegnung. Es ist doch schön, wenn man schon einen Wohlfühltermin für 2021 in den Rucksack packen kann. Schönen Abend liebe Martina. LG Wurzerl
Liebe Renate,
das ist ein toller Bericht über einen ansprechend gestalteten Sammlergarten, um es mit Deinen Worten zu sagen.
Ich bin überwältigt von der enormen Vielfalt an Hostas, die so abwechslungsreich in den verschiedensten Bereichen arrangiert sind, und ganz besonders angetan hat es mir die Ruinenmauer.
Liebe Gertrud, ja, die Ruinen-Mauer ist tatsächlich etwas besonderes. Und sie hat auch eine wichtige Funktion, denn sie schafft mit der Hosta-Wand und dem Gartenhaus zusammen ein gutes Gegengewicht zur Scheune. Ich wünsche Dir einen schönen Abend liebe Gertrud. Wurzerl
ein sehr schöner Garten, wundervoll gestalltet mit den vielen Topfen.
Liebe Renate, soeben habe ich mit einem Becher Kaffee in der Hand noch einmal deinen wunderschönen Bericht über Martina s Garten gelesen. Leider habe ich jetzt pipi in den Augen und ich bin traurig, dass es nun nichts mehr wird mit dem gewonnenen Garten Besuch… das Leben ist manchmal nicht fair. Durch deinen Beitrag bleiben uns der Garten und die Liebe Martina erhalten. Vielen Dank dafür 😘
Liebe Ulrike, mir geht es auch so, jedesmal feuchte Augen, aber auf der anderen Seite, so bleibt immer ein kleines Teil Martina bei mir und ich bin soooo froh, dass ich sie noch bat, mir das Video zu schicken. Ich wollte sie ja im Juni besuchen und dann einen kompletten Gartenbericht bringen. Bin sonst nicht ungeduldig, aber da hatte ich plötzlich das Gefühl, ich muss diese wunderbar präsentierte Sammlung zeigen, der Rest des Gartens hat Zeit. Drück Dich und wünsche Dir ein schönes Wochenende. Wurzerl
DANKE – so schön von Dir niedergeschrieben liebe Renate…! Detlef Kittelmann der Knoblauchriese alias Baretta