Holger Ihler, Garten zwischen Zen- und Cottage-Stil in Apen

Terrasse des Gartens Holger und Angelika Ihler

Ankommen im Zen-Vorgarten in Vreschen-Bokel.

Das Interessanteste an der Gemeinde Apen ist, dass es die Westlichste des Landkreises Ammerland in der Oldenburger Geest ist. Der Aper Geest-Rand bildet den Übergang von der Ammerlander Parklandschaft zum ostfriesischen Fehngebiet. Die Gemeinde befindet sich im tideabhängigen Bereich des Ems-Zuflussgebietes. Der Höhenunterschied beträgt zwischen Ebbe und Flut knapp einen Meter. Um gegen die Überschwemmungen vorzugehen, wurde in Vreschen-Bokel ein Ausdeichungsgebiet mit naturnah gestalteten Abgrabungsgewässern und regelmäßig überfluteten Flächen errichtet.

Großbonsai, als Wolkenbäume geschnitten, Kugeln von Immergrünen und japanischen Azaleen – Rhododendron obtusum ‘Kermesina Alba’ und Hakonechloa macra ‘Aureola’ – Japanische Steinlaterne

Aquatische und amphibische neue Lebensräume und ein Paradies für fischraubende Großvögel sind entstanden. Wiesenvögel bekamen Nahrungs- und Nist-Habitate auf imponierend großer Fläche. Gefährdete Bekassinen, Uferschnepfen, Kiebitze und andere Watvögel finden die Zusatz-Nahrung, die sie für die anstrengenden Flüge in die Überwinterungsgebiete brauchen.

Vreschen-Bokel ist auch mein Ziel und mit meinen drei Grazien stehe ich gerade  in der Einfahrt von Angelika und Holger Ihler. Der Hausherr hat uns schon erwartet und wir gehen gleich in den Vorgarten, der als Zen-Garten im asiatischen Stil konzipiert ist. Typisch ist der Großbonsai, als Wolkenbaum geschnitten, verschiedene Kugeln von Immergrünen und japanischen Azaleen (besonders schnittverträglich). Die Pflanzenauswahl mit Asiaten wie Rhododendron obtusum ‘Kermesina Alba’ und Hakonechloa macra ‘Aureola’ unterstützt die optische Zenwirkung. Eine japanische Steinlaterne “Kasuga”, sie gehört zu den “Tachi-gata”, den ältesten traditionellen Sockellaternen in den japanischen Klostergärten, ragt aus einem moosähnlichen Bodendecker heraus. Die Steine sind moosüberwachsen und bilden für die langsam verblühenden Azaleenblüten, die noch wie Schmetterlinge auf den dünnen Zweigen zu schweben scheinen, einen starken Kontrast.

Hakonechloa macra ‘Aureola’, Japanisches Waldgras und Rosa ‘Gruß an Heidelberg’

Nachdem Holger Ihler in den 1980er Jahren an mehreren Ikebana-Kursen teilgenommen hatte, zu denen auch ein Bildvortrag über Japanische Gärten gehörte, interessierte er sich zunehmend für diese alte Gartenkultur des Fernen Ostens und las sich intensiver in das Thema ein. Nach einigen zufriedenstellenden Versuchen mit den speziellen Gestaltungs- und Schnitttechniken entstand nach und nach der heutige Vorgarten mit authentischer Pflanzen-Auswahl im Asia-Style.

Direkt neben der Haustüre steht die Kletterrose ‘Gruß an Heidelberg‘, sie wurde in den 1950er Jahren von den Großeltern gepflanzt. Dieses Andenken wurde trotz „Stil-Bedenken“ niemals angefasst. Ich finde sie mehr als passend. Es gibt auch im Fernen Osten Wildrosen. Die Farbe „Rot“ ist generell von großer Wichtigkeit, egal ob Blüte, Frucht oder Herbstblatt. In Kombination mit Hakonechloa macra ‘Aureola‘ dem leuchtenden japanischen Waldgras, kommen die roten Rosenblüten wunderbar zur Geltung und passen bedeutend besser zu Haus- und Eingangsbereich als ein typisches asiatisches Gewächs.

Das ursprüngliche Haus und der Garten stammen aus den 50er Jahren von Holgers Großeltern. Bis das Ehepaar Ihler das Haus Mitte der 80er Jahre erwarb, diente es als Selbstversorgergarten mit Grasland für Hühner, Kaninchen und Schafe.

Ab jetzt wurde der Garten sehr vielfältig genutzt. Eine kleine Nebenerwerbs-Gärtnerei und ein Spielplatz für die Kinder entstanden. Erste Gestaltungsgrundlagen mit Hecken aus Rhododendren, Hainbuchen und Feldahornen folgten als Rahmen für den späteren Ziergarten.

Vor ungefähr 15 Jahren begann dann die endgültige Gestaltung des Gartens. Viele Wünsche, häufige Änderungen, immer neue Ideen, wurden nach und nach umgesetzt. Der Fantasie sind bis heute keine Grenzen gesetzt und so seufzt Herr Ihler doch hörbar: „Ein Garten ist eben nie fertig“. Ich denke mir: „Zum Glück“.

Der facettenreiche Hauptgarten

Der Gestaltungsprozess hält bis heute an und verbindet auf eine geniale Art und Weise zwei völlig unterschiedliche Gartenstile, nämlich den Zen-Vorgarten, der sich im Durchgangs-Gartenteil harmonisch mit den vereinzelt eingefügten Elementen eines Cottage Gardens verbindet, um glaubhaft mit der Hausfassade zu korrespondieren und im vorderen Teil des großen Hauptgartens dann auf der linken Seite schmal bis zum Waldgürtel hin weiter mäandert und mit dem englischen Rasen und dem Cottage Style auf angenehme, selbstverständliche Art und Weise unverkrampft verschmilzt, um dann als typischer “Kitchen Garden” in der Garten-Peripherie hinter dem Gehölz-Gürtel endet. Das ist großes Garten-Kino!

Rhododendron ‘Scintillation’ – Holger Ihler – Viburnum opulus

Einer der Gründe, warum der Garten trotz zweier unterschiedlicher Stile so stimmig ist, ist die kluge Verwendung alter und neuer Klinkersteine, welche die Hausansichten in den Garten hineintragen. Mauern, Abgrenzungen, die Ruine und Umrahmung der Outdoor-Küche, sowie die Terrasse, immer findet sich das gleiche lebhaft rote Material in Hausnähe. Für die Ruinen oder am Wasserbecken wurden gebrauchte Klinker verwendet, die bereits eine entsprechende Patina besitzen. Die Wege sind, sobald sie aus dem Einzugsbereich des Hauses verschwinden, dem jeweiligen Stil und Habitat angepasst.

Wer ein so leidenschaftlicher Vollblut-Gärtner, wie Holger Ihler ist, der mag sich verständlicherweise nicht auf einen einengenden fernöstlichen Pflanzstil beschränken. Da sich asiatische Zen-Gärten auf einen Blüten-Minimalismus mit wenigen unterschiedlichen Stauden wie Paeonien oder Lotusblumen, ansonsten hauptsächlich auf Gräser und Farne, zu denen sich noch zeitlich versetzt Gehölze wie Rhododendron, Magnolie, Kirsche, Kamelie und die Lianen des Blauregens blühend dazugesellen, beschränken, drängte es sich direkt auf, die mögliche Pflanzenauswahl durch das Hinzufügen eines weiteren Gartenstils, um ein Vielfaches zu steigern.

Als der Gärtner das Buch von Beth Chatto: „Im Grünen Reich der Stauden“ zufällig in die Hand bekam, war die Begeisterung groß und schnell war klar, es sollte der „English-Cottage-Style“ sein, der den „Asia-Style“ begleitet. Ohne einen Ausführungsplan, aber mit sehr sensiblem Gespür, begann Holger Ihler, angefangen bei der Verbindung vom Vorgarten zum etwas tiefer gelegenen hinteren Garten, einem Durchgang zwischen Wohnhaus und Werkstatt, die ersten passenden neuen Elemente einzufügen. Die Umgestaltung gelang vorzüglich und der Gärtner konnte nun nach Herzenslust bei den Blühstauden aus dem Vollen schöpfen, was im Hauptteil des Gartens dann auch mit viel Geschmack ausgeführt wurde.

Eine Glanzleistung auf der linken Asia-Seite ist der Aufbau aus Ton-Rohren, der zusammen mit kompakten Holzteilen einem chinesischen Wandelgang nachempfunden scheint. Im hausnahen Bereich erobert eine Wisteria die dicken Balken. Den hinteren Abschluss bilden ein Rhododendron ‘Scintillation’, der gerade anfängt seine rosa Blüten auf den Weg zu werfen. Der dunkelgrüne Eiben-Wolkenbaum betrachtet gelassen das Geschehen. Das ist ein imposanter Abschluss des Asia Gartens, möchte man meinen.    

Aber da kommt noch mehr. Ich stehe am Rand des Gehölzgürtels, der sich im vorletzten Gartenteil quer über den ganzen Garten ausbreitet. Hier spielt der Gärtner noch eine weitere Gestaltungs-Trumpfkarte aus. Während ich im Wandelgang fotografierend unterwegs war, bemerkte ich nämlich gar nicht, was sich auf der gegenüberliegenden Seite plötzlich verändert hat. Die große Rasenfläche mit dem leicht angeböschten Mixed Border auf der rechten Seite, sieht sich hier plötzlich durch ein Halbinsel-Beet mit einem markanten Baum im Zentrum gestoppt. Während das Mixed Border fließend in dieses großzügig hingeworfene “Zungen-Beet” übermäandert, bedeutet es für den großen Rasen eine Unterbrechung, die jedoch auf der anderen Seite aufgehoben wird, wo das makellose Grün wie ein Kurzflor-Teppich vor dem japanischen Teehaus liegt.

Paeonia mlokosewitschii – japanisches Teehaus – Allium ‘Globemaster’

Das Halbinselbeet findet sein Ende durch den mit großen Platten versehenen, schlicht meditativ wirkenden Weg. Ich stehe gegenüber am Ende des Asia-Gartens und genieße einen wunderbaren Durchblick auf diese Inszenierung, als sich der Rhododendron-Vorhang vor mir öffnet. Dieses Herzstück des Zen-Gartens ist der Gegenpol zum Asia-Vorgarten und zugleich der Abschluss des Zen-Stiles, auch wenn sich noch einige asiatische Gehölze und Stauden in den Waldgürtel einschleichen.

Der hintere Teil mit dem Waldgürtel und dem Kitchen garden.

Umgekehrt war es genauso, da gab es schon eine feine Überleitung vom Zen- zum Cottage-Stil im vorderen Durchgangsbereich. Dieser gekonnte, völlig unverkrampfte Umgang mit den Pflanzen verschiedener Hemisphären und Kulturen schafft eine harmonische Verbindung beider Gartenstile, ohne jedoch ihre spezielle Wirkung auf den Betrachter zu verwässern. Ich bin im Gehölzgürtel angekommen und genieße weiter die auch im Halbschatten leuchtende Blütenpracht von geschmackvollen Farbkombinationen, die meist die Handschrift von Angelika Ihler tragen. Holger entwickelt immer wieder neue Ideen im Zusammenspiel mit seiner Frau. Meist setzt sie dann die farblichen und dekorativen  Akzente im Garten.

Hosta ‘Ben Vernooij’ – Rhododendron ‘Arthur Bedford‘ – Fatsia japonica

In den Staudenbeeten und Mixed Bordern ist mir aufgefallen, dass die einzelnen Pflanzen sehr viel Platz haben, so als wäre das Beet frisch angelegt worden. Natürlich habe ich da nachgefragt, denn bei mir ist es genau umgekehrt. Ich pflanze so eng wie irgend möglich, dass kaum freie Erde zu sehen ist. Die Antwort von Holger Ihler möchte ich hier einfach zitieren:
“Wir pflanzen die Stauden je nach Wüchsigkeit so, dass sie etwa nach 2-3 Jahren eine gute Dichte erreicht haben. Dann brauchen wir nicht so häufig teilen bzw. umpflanzen. Bis dahin mulchen wir mit Rindenmulch in mittlerer Körnung. Es wird ein Stickstoffdünger zugesetzt um die N-Verluste, die bei der Verrottung des Materials entstehen, auszugleichen.”

Ich laufe auf dem gekiesten Hauptweg durch den Gehölzgürtel nach hinten. Reizvoller sind die mit Holzschnitzeln ausgelegten, schmaleren Nebenwege, die sich, um wieder einen harmonischen Übergang zu schaffen, später auch im bäuerlichen Küchengarten der Peripherie wiederfinden. Die Pflanzung ist interessant mit exquisiten Hostas, Fatsia japonica und japanischen Etagenprimeln gestaltet. Stauden wie Alchemilla mollis, Frauenmantel, oder das hohe Thalictrum, Wiesenraute, schaffen wieder die Verbindung zum hier und jetzt.

Als ich den Küchengarten betrete, sehe ich mit Freude, dass hier ein Paradies für Wildtiere geschaffen wurde. Benjeshecke, Altholz, Insektenhotel, Kompost und wilde Ecken im Randbereich beeindrucken mich genauso, wie das akribisch angelegte Grundmuster des Küchengartens mit einer dominanten Rosa ‘Constance Spry’ im Zentrum. Das viktorianische Gewächshaus ist praktischerweise im Randbereich platziert. Ich stelle mir schon die ganze Zeit die Frage, wie Holger Ihler zu seinem sicheren Gespür für die Pflanzenauswahl gekommen ist? Er hat es mir dann schließlich verraten.

Schon zu Großvaters Zeiten arbeitete er als Kind begeistert im damaligen Selbstversorgergarten mit. Nach dem Besuch der Berufsfachschule für Gartenbau/Floristik in Oldenburg 1974, folgte die Ausbildung zum Zierpflanzengärtner. Nach Gehilfenjahren im Bereich Zimmerpflanzen und Baumschule folgte der Besuch der Meisterschule mit Fachrichtung Zierpflanzen. Verantwortung übernahm Herr Ihler dann 1984 als Arbeitsgruppenleiter Liegenschaftspflege der Universität Oldenburg. Ab dem Jahr 2000 bis zur Pensionierung arbeitete er als Betriebsleiter im wissenschaftlichen Teil des Botanischen Gartens der Universität Oldenburg. Noch heute gibt er sein Wissen als externer Ausbilder an einer Überbetrieblichen Ausbildungsstätte für Gärtner weiter.

Aber Holger Ihler hat neben dem Garten noch eine zweite Leidenschaft. Um sie zu erfahren, klickt bitte auf das folgende Video und stellt den Ton laut.

Ich bedanke mich herzlich bei Angelika und Holger Ihler, dass ich ihren Garten besuchen und für Wurzerlsgarten fotografieren durfte. Um Holger Ihler noch das „Schlusswort“ zu geben, kopiere ich seinen letzten Satz:

Ich schließe mit dem Zitat des großen Staudengärtners und Gartenphilosophen Karl Foerster: “Wenn ich noch einmal auf die Welt komme, werde ich wieder GÄRTNER und das nächste Mal auch noch. Denn für ein einziges Leben ward dieser Beruf zu groß.”

Angelika und Holger Ihler

Südgeorgsfehnerstr. 42

PLZ 26689 Apen OT Vreschen-Bokel

Kontakt: holger.ihler@ewetel.net

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13 Kommentare

  • Christa Schroth sagt:

    Ach was für ein herrlicher Bericht wieder liebe Renate. Ich war ja mit dabei und so schön könnte ich es nie ausdrücken. Well done

  • liebe Renate das war ein wunderbares Erlebnis gemeinsam mit Christa und Ulrike.Wunderbar in Wort und Bild festgehalten.Der Garten war auch für mich ein Highlight. Der hintere Bereich hat mich mit den Primeln sehr begeistert.
    liebe Grüße Karin

    • Das Wurzerl sagt:

      Wirklich gute Etagenprimel-Pflanzungen kenne ich eigentlich nur von Botanischen Gärten. Wenn man dieses Wissen dann zuhause umsetzen kann, dann ist das schon ein Aha-Erlebnis für den Betrachter. LG Wurzerl

  • Susanna sagt:

    Liebe Renate,
    der Rundgang durch diesen Garten war ein Erlebnis! Vielen Dank dafür. Man sieht, dass hier Pflanzen- und Gestaltungswissen mit Leidenschaft zusammentreffen. Asiatischen Gärten nachempfundene Gartenteile sind in privaten Gärten oft gutgemeinte Versuche, hier wurden sie wunderbar stimmig angelegt.
    Liebe Grüße
    Susanna

    • Das Wurzerl sagt:

      Liebe Susanna, ja genau das war einer der Hauptgründe für meine uneingeschränkte Begeisterung. Dieses sichere Gestaltungsgespür zieht sich tatsächlich durch den kompletten Garten. Ich wünsche Dir eine schönen Sonntag. LG Wurzerl

  • Hallo Renate,
    so viel intakte Buchshecke? Das muss viel Arbeit kosten, überhaupt frage ich mich immer, wie man so ein riesiges Areal pflegen kann. Ich hätte da meine Probleme mit.
    VG
    Elke

  • Karin Hilbrenner sagt:

    Wunderbar, was für ein schöner Garten. Nun gibt es schon einige und wir können für das nächste Jahr schon eine tolle Reise planen. Herzlichen Dank

    • Das Wurzerl sagt:

      Ein bisserl was ostfriesisches habe ich noch in petto liebe Karin, aber auch in den nahegelegenen NL Provinzen Groningen und Drenthe, da gibt es noch mehrere tolle Gärten und Gärtnereien, die ich noch nach und nach aufarbeiten will. LG Wurzerl

  • Ulrike sagt:

    Es hat ein paar Tage gedauert, aber nun hatte ich Zeit, noch einmal mit dir durch diesen interessanten Garten zu schlendern. Wie immer wunderbar in Szene gesetzt, als wäre man selbst dabei gewesen (Hihi)

  • Rosi sagt:

    ach ist das wieder ein wunderschöner Garten
    da könnte man enidisch werden 😉
    aber ich kann mir vorstellen wie viel Arbeit da drin steckt
    danke dass du es mit uns teilst
    liebe Grüße
    Rosi

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