Ankommen
Heute möchte ich Euch erneut in einen besonderen Garten mitnehmen. Ramsdorf, ein Ortsteil der Stadt Velen liegt im westlichen Münsterland. Ich bin mit einigen Facebook-Freundinnen aus meiner Gruppe „Traumgärten erleben“ 2 Tage lang im Kreis Borken unterwegs. Nach dem Besuch des Schaugartens von Berthold Picker am Vortag sind meine Erwartungen heute ziemlich hoch.
Bis 1975 war Ramsdorf eine selbständige Gemeinde, mit den besonderen Rechten einer „Wigbold“. Die Ramsdorfer Burg, deren älteste Teile noch aus dem 15.Jhdt. stammen, erinnert noch an diese wehrhafte Eigenständigkeit.
Rosa ‘Novalis’ – Eingangstor in den Garten – Rosa ‘Generous Gardener’
Wir fahren in eine neuere Wohnsiedlung, in der Familie Rave 1982 ihr Haus bauen ließ. Seinerzeit war der Garten, wie so oft, auf die Bedürfnisse der ganzen Familie zugeschnitten. Vor allem die Kinder hatten viele Möglichkeiten sich auszutoben. Ein Gemüsegarten und eine Obstbaum-Wiese waren Hildegard Rave in der „Familienphase“ wichtig.
Das änderte sich schnell als Hildegards Kinder erwachsen wurden. Hildegard erinnerte sich an ihre eigene Kindheit, wo sie von ihrer Mutter zusammen mit den Geschwistern ein eigenes Beet zum Bepflanzen bekommen hatte. Jetzt war sie die Herrin über 1000 qm. So begann sie die Umgestaltung ihres Gartens, in die sie ab 2008 auch die Obstbaum-Wiese mit einbezog.
Den Sonnen-Garten entdecken
Das großzügig gebaute Haus liegt mittig im vordersten Bereich. Von der Straße aus gesehen befindet sich links eine breite Einfahrt. Die Garage, die etwas versetzt nach hinten, seitlich am Haus anschließt und bis zum Grundstücksende gegenüber führt, bedeutet im Garten hinten eine willkommene Verbesserung eines geschützten Kleinklimas. Das Haus hat einen eigenen Zugang. Gartenbesucher dagegen benutzen gleich die Garten-Pforte. Sie laufen am Amberbaum vorbei, den schmalen Garten an der Hausseite entlang, bis sich der große Garten zwar öffnet, aber dank kluger Planung nicht sofort im Ganzen erschließt.
Schmal ist der Weg nach hinten und üppig neigen sich Gehölze, wie kleine Zieräpfel, oder Solitärstauden dem Betrachter entgegen. Unten dagegen, versuchen Bodendecker, wie verschiedene Storchschnäbel, ein wenig Terrain auf dem Weg-Pflaster zu gewinnen. Auch wenn der Familienname Rave, aus dem Niederdeutschen übersetzt: Rabe bedeutet, so begegne ich immer wieder Widderskulpturen im Garten. Da ich auch im Sternzeichen des Widder geboren bin, fühle ich mich natürlich sofort wohl in diesem Ambiente.
Dahlia ‘Creme de Cassis’ – der schmale, leicht gebogene, links befindliche, Gartenweg – Rosa ‘Burgundy Ice’
Die üppige Bepflanzung rechts und links vom Weg ist keineswegs ein durchgehender Pflanzen-Dschungel. Immer wieder findet sich entweder an der Zaun- oder der Hausseite eine Gelegenheit für Hildegard, mit einer kleinen oder größeren Kulisse oder Inszenierung aufzuwarten, die Abwechslung und Spannung in die phantastischen Beete bringt. Das auf der Randseite durchgehend nach hinten verlaufende Mixed-Border weist mehrere integrierte Sitzplätze auf, einen sonnigen und einen weiteren ganz hinten nach dem Mammutbaum, der eher schattig für heiße Sonnentage gedacht ist.
Hildegard achtet sehr auf die Wahl des Materials und die Farbgebung. Die Blüten im Garten haben eine Dominanz in der romantischen Farbpalette von viel weiß, rose, pink, lila bis dunkelst rot. Damit das auf der großen Fläche nicht plötzlich in Langeweile umkippt, hat sich die Head Gardenerin bei der Deko auf die Rostfarbe und einen Weißton beschränkt.
Diese Einsprenkelungen von Sitzplätzen, Skulpturen-Präsentationen und passenden Pflanzen sind so großartig zusammengestellt, dass ich nur staune. Die Rost-Objekte sind vom Hausherrn geselbert und haben einen erstaunlichen Wiedererkennungswert. Ginkgo-Blätter, Kerzenleuchter, menschliche Shilhouetten, Tischchen und Tabletts, die man einfach in den Boden stecken kann, überzeugen mit schönen Asseccoires und geschickt gewählten Pflanzen, egal ob Schneeflocken-Euphorbien, die zwei Widder einrahmen, oder Aconogonon x fennicum ‘Johanniswolke’, der Himalaya-Knöterich, der einen feinen cremeweißen Hintergrund für die Ballspieler bildet, alles was ich sehe passt hervorragend zusammen und hat Hand und Fuß.
Noch bevor ich das hintere Gartenende auf der linken Seite erreiche, erkenne ich, wie geschickt Hildegard ihrem romantischen Garten ihre persönliche, magische Note aufgesetzt hat, die ihm einen etwas geheimnisvollen Touch verleiht und für mich äußerst reizvoll ist.
Die pastelligen Blütenfarben bekommen durch die hellen Gegenstände ein freundliches Echo. Die dunklen Töne der Rost-Objekte dagegen, die sich oft auch im Alt-Holz wiederholen, finden sich auch immer wieder in den Blättern von Gehölzen und Stauden wieder. So bin ich nicht erstaunt, als mir Hildegard erzählt, dass Sambucus nigra ‘Black Lace’ mit seinen schwarzroten Blättern eines ihrer Lieblingsgehölze ist. Das schweißt dieses abwechslungsreiche Areal insgesamt zu einer spannenden Einheit zusammen. Ehe ich es richtig registriere, bin ich in der linken hinteren Garten-Ecke angekommen. Diese schließt mit einem gemauerten Klinkereck und passendem Boden ab, also ist bei Mauer und Belag wieder eine der typischen Objekt-Farbtöne im Einsatz.
Echinacea purpurea ‘Virgin’ – Euphorbia characias ‘Emmer Green’, Mittelmeer-Wolfsmilch – Silphium mohrii, Kompasspflanze
An der linken hinteren Mauerecke, die auch einen Topfgarten beherbergt, schließt sich ein kleiner Schuppen an. Ein Walnussbaum läutet die Schattenperipherie ein, die sich hinter dem Teich dann in den Garten hinein in einem Schattenareal ausweitet.
Aber noch bin ich auf der Sonnenseite, denn ich gehe gerade zum Teich. Gelb ist im Zen die Farbe der Mitte, also bin ich gar nicht überrascht auf dem Weg zum Teich plötzlich gelblaubige oder goldblühende Stauden zu sehen. Frischer Wind kann keiner Ton-in-Ton-Bepflanzung schaden.
Am Teich bewundere ich wieder die geschickte Aufteilung des Gartens. Er liegt mittig im hintersten Garten-Drittel, ein zentrales Auge bildet die Insel mit der alten Trauerweide, die von einem kleinen Bach durchquert wird, der in Richtung Teich eilt. Um diesen Insel-Charakter zu betonen, legte Hildegard um das große Pflanzen-Rondell einen Rasengürtel an. Tatsächlich suggeriert mir das gleich den Graben der Ramsdorfer Burg und den ehemaligen Status der „Wigbold“. Das vordere Drittel am Haus wird von einem großzügigen Beet zusammen mit der Terrasse gebildet. Die rechte Peripherie wird, behütet von einer Rotbuche und der alten Trauerweide, als feiner Schattengarten genutzt.
Unterwegs im Schattengarten
Auch das Teichufer ist im Sonnen- und Schattenbereich interessant gestaltet. Es ist niemals zuviel, wirkt immer anregend und angenehm. Der Rasen (Burggraben) ist hier gut zwischen Teichrand und Inselbeet zu erkennen. Die zentral gelegene Trauerweide ist unbestritten der Mittelpunkt des Rondells und legt ihre Zweige schützend über die Unterpflanzung.
Unter der Trauerweide gibt es viel zu entdecken. Die alte Holzleiter lehnt am Stamm und ein hoher Kerzenleuchter ragt aus dem Pflanzenmeer heraus. Auf einer Holzbank wiederholt sich der Leuchter in kleiner Standform und der Steinlöwe macht einen sehr zufriedenen Eindruck, dass er von Kermesbeeren, Kerzenknöterich und Kugeldisteln rundum beschützt wird.
Dazwischen findet das Bächlein seinen Weg durch die „Insel“. Ich möchte gerne in den Schattengarten auf der rechten Seite wechseln. Aber zuerst muss ich wissen, wo der Bachlauf herkommt. Ich umrunde die Insel auf der Sonnenseite und gelange wieder auf den Weg, dem ich eingangs gefolgt bin. Dann gehe über den Holzsteg, der den Bachlauf überquert und sehe, dass der Bach sich in Hausnähe im Terrassenbeet entwickelt. Während mir noch die hängenden Zweige der Weide zuwinken, entdecke ich zwei Brückenpfosten der besonderen Art, rechts einen Acanthus mollis, den Bärenklau, links gegenüber flankiert von einer mächtigen Persicaria amplexicaulis Hybride, einem Kerzenknöterich.
Rund um die Remise sind viele Hostas ausgepflanzt, aber ich sehe sie auch in Töpfen, wie auf der Hängeschaukel. Hostas waren wohl eine frühe Leidenschaft von Hildegard, über 100 Sorten haben sich bei ihr im Laufe der Zeit angesammelt. Die kleinere Salomonssiegel-Sammlung passt gut dazu, so ist der Schattenbereich rundum lebhaft in Blattformen und -farben bestückt. Interessanterweise wechseln die Lieblingsstauden immer mal, im Moment bevorzugt die Headgardenerin die Gattung Thalictrum. Ich bin jetzt auf dem Weg zur Terrasse.
Den Kompost entdecke ich gar nicht, so gut ist er am Zaun auf der Garagenrückseite versteckt, der Blick wird vom Stauden-Kindergarten abgelenkt. Das Terrassenbeet ist sehr vielseitig angelegt und hier entdecke ich auch einige hohe noch blühende Wiesenrauten, neben den ersten Herbst-Anemonen und einer mächtigen Wolfsmilch. Die scharfe Kante der Garage zum Hausübergang hat Hildegard vorbildlich abgemildert, indem sie einfach eine alte, mächtige Holztür in die Ecke eingepasst hat.
Der vordere Bereich der Terrasse ist ein wunderbares, stimmiges Außen-Wohnzimmer, in dem sich Hildegard am liebsten im Frühsommer aufhält. Viele Gartenarbeiten sind dann bereits erledigt und sie genießt diese Zeit besonders im Garten. Hier sind auch plötzlich alle Gartenbesucher versammelt und viele haben sich im Garten in eine oder mehrere der Rostoptik-Dekorationen verliebt. Der Garten wird es verschmerzen, denn Berthold Rave sorgt sicher mit seinem guten künstlerischen Gespür für baldigen Nachschub. Es herrscht Aufbruchstimmung!
Hildegard hat sich natürlich auch Gedanken für ein Video gemacht. Wenn Ihr den Ton laut stellt und auf das Bild klickt, zeigt sie Euch ihre Ampelopsis, eine Scheinrebe, die ihrer Meinung nach viel zu selten gepflanzt wird und deren Farbenspiel sie restlos begeistert. Viel Spaß beim Gucken.
Epilog
Tja und einen Nachtrag gibt es auch! Ich habe mich in diese Ginkgo-Blätter verliebt und durfte zwei davon erwerben. Warum ich das schreibe? Es war nicht mein Glückstag: erst fütterte ich das Navi falsch und fand Hildegard nur durch hinterher fahren. Nach dem Gartenbesuch bei Hildegard stieg mein Navi komplett aus und initialisierte sich nicht, also fuhr ich wieder hinter meinen Gartenfreundinnen her zur Mittagspause. Da ich meine zwei Ginkgo-Blätter und die Handtasche im Auto hatte, also wie immer beide Hände voll, merkte ich nicht, dass mein Fotoapparat auf dem Terrassentisch von Hildegard liegengeblieben war.
Kein Navi, kein Foto, keine Weiterreise!!! Dann war ich plötzlich nur noch von Gartenengeln umgeben. Beim Mittagessen fand sich die Lösung für das erfolgreiche Initialisieren des Navis, Chip raus, Chip rein, fertig. Danach konnte ich wenigstens Hildegard anrufen und sie fragen, ob sie zuhause ist und ich den Fotoapparat abholen kann? Gegenfrage, in welchen Garten fahrt Ihr jetzt? Ich nannte den Garten von Anneliese Kisfeld und danach Beate Höing und sagte, dass ich den Garten von Anneliese allerdings nicht schaffen werde, wenn ich den Foto abhole. Da sagte Hildegard doch seelenruhig: “fahre gleich zu Anneliese, ich bringe Dir Deine Kamera vorbei”. Ich starrte etwas ungläubig auf mein Handy, vergaß wohl auch danke zu sagen, so sprachlos war ich, aber es kam genau so. Als wir bei Anneliese eintrafen, war auch Hildegard mit meinem Foto da und da konnte ich am Scheunentor auch noch das Porträtfoto von Hildegard nachholen. Und natürlich durfte ich bei Anneliese Kisfeld wieder einen völlig anderen Garten fotografieren, den ich Euch auch als nächsten deutschen Garten vorstellen werde, gefolgt vom Garten von Beate Höing. Dank Hildegard wurde es also letztlich dann doch ein Glückstag.
Die Garten-Öffnungs-Termine 2023 im Garten Rave sind der:
23.04.23, 28.05.23, 04.06.23, 25.06.23, 23.07.23 und 27.08.23
Hildegard und Berthold Rave
Bargkamp 3, PLZ 46342 Velen-Ramsdorf
Kontakt: rave.ramsdorf@t-online.de Website: garten-rave.de
15 Kommentare
Oh das ist ein Garten ganz nach meinem Geschmack und ich habe mich gleich in ihn verliebt. Einfach nur herrlich und bezaubernd. Schade, dass ich nicht dabei war als Du ihn besucht hast liebe Renate
Ich habe auf der kleinen Traumgärtner-Tour oft gedacht, wie schade es ist, dass Du nicht dabei warst. Im April zeige ich Dir dann noch die beiden anderen Gärten, die wir an diesem Tag besucht haben. LG und schönes Wochenende Wurzerl
Ich habe auf der kleinen Traumgärtner-Tour oft gedacht, wie schade es ist, dass Du nicht dabei warst. Im April zeige ich Dir dann noch die beiden anderen Gärten, die wir an diesem Tag besucht haben. LG und schönes Wochenende Wurzerl
Die Fotos sind fantastisch und der Text liest sich wunderbar. Es könnte mein Garten sein. 😄
Prima, dann wünsche ich Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Da hattest du aber doch noch Glück im Unglück und es zeigt sich wieder: Gartenliebhaber sind nette Menschen.
Du kannst immer so sehr schöne Beschreibungen abgeben, sodass man mit den Garten besucht.
Diese Deko entspricht genau meinem Geschmack – einfach herrlich.
Ja liebe Petra, darum besuche ich so gerne Gärten, die Menschen dahinter sind durch die Bank nett und aufgeschlossen. Und danke für das Kompliment, genau dafür, dass Ihr richtig mit eintauchen könnt und nicht nur ein paar unzusammenhängende Fragmente zu sehen und lesen bekommt, ist meine Intention, entgegen den Internet-Gepflogenheiten, alles in Ruhe und ausführlich zu präsentieren. Es gibt schon mehrere Abonnenten, die sich am Samstag nach dem Frühstück noch eine Tasse Kaffee gönnen und das Wochenende mit einem Spaziergang durch den neuen (oder auch mal älteren) Garten zelebriert. Das freut mich dann auch riesig, denn dafür lohnt sich die viele Arbeit für einen Beitrag auf jeden Fall. LG Wurzerl
Das hast du ja fotografisch auch ganz toll hinbekommen Liebe Renate. Auch ich war letzten Sommer hin und weg ab diesem besonderen Paradies. Überhaupt die ganze Gartenreise war wunderbar. Ich habe davon auch eine Fotoshow erstellt, gerade letztens haben wir sie uns wieder angesehen und die Begeisterung ist immer noch gross.
Liebe Grüsse aus der Schweiz
Ja, richtig, ich erinnere mich, an Deine Reise, aber hatte wohl nicht alle Gärten mitbekommen, die Du besucht hast. Schön, dass dieser dabei war. LG Wurzerl
Super schöner Garten,
Bin auch leidenschaftliche Gärtnerin .
Leider ist niemand in meiner Nähe der die Leidenschaft teilt.
Ich freue mich auf neue Gärten.
LG
Katja
Liebe Katja, ich versuche ja immer alles, um Gartenleute mit ihrem gemeinsamen Hobby zusammenzubringen. Schreib mir doch einfach mal Deine Mail, wenn Du magst (wird natürlich nicht veröffentlicht), dann habe ich vielleicht ein paar Tipps für Dich. LG Wurzerl
Wunderschön der Garten und auch die Pflanzenauswahl.Bin sehr begeistert von der Gestaltung…und witzig wir wohnen Beide im Bargkamp… Dankeschön Renate für die Vorstellung…wie immer toll
Da kann man sicher ewig verweilen und schauen und wird immer etwas neues entdecken!
VG
Elke
Ein zauberhafter Garten…ganz und gar mein Geschmack..auch die Pflanzen so liebevoll arrangiert in Verbindung mit den tollen Dekoteilen…großes Kompliment an das Gärtnerpaar und der Fotografin, die das Glück Gott sei Dank doch nicht verlassen hat.😘
Ja, lach, das war knapp. Schönes Wochenende liebe Hildegard und LG Wurzerl