Besuch Anfang Mai 2024 im Botanischen Garten München

Ramonda myconi, Pyrenäen-Felsenteller, Bot. Garten München

Der Schmuckhof bei meinem letzten Besuch Anfang Mai 2018

Meine liebe Freundin Usch hatte mich angestupst. “Wollen wir nicht mal wieder nach München in den Botanischen Garten fahren, wir waren 5 Jahre lang nicht mehr dort?” Natürlich wollte ich, ich suchte sofort Fotos heraus vom Mai 2018 und 2019 und versprach meiner Begleiterin das gleiche Farbfeuerwerk von Tulpen, wie ich es drei Wochen zuvor in Groningen erlebt hatte.

Die Bilder vom Schmuckhof des Botanischen Gartens hatte ich mir im Foto-Archiv angeschaut. Da es zufällig der gleiche Tag nur eben Jahre früher war, beschloss ich einen Vergleich zu ziehen zwischen dem 09.05.2018 und dem 09.05.2024. Üppig war damals die Pracht der Tulpen und ebenso die der an der warmen Tuffsteinmauer befindlichen Strauch-Paeonien mit den kinderkopfgroßen Blüten. Seht selbst!

War es blauäugig von mir, nach dem milden ersten Vierteljahr zu erwarten, dass die Vegetation auf “business as usual” geeicht ist? Ja, natürlich war es das, wie Ihr gleich bei den neuen Bildern sehen könnt. Die Pracht des Mais, wo normalerweise die Tulpen ihren Höhepunkt erleben und die Strauch-Päonien mit Blüten überschüttet sind und dazu bereits die ersten Frühsommer-Blüher Akzente setzen, die hatte bereits in den letzten April-Wochen stattgefunden.

Der Schmuckhof Anfang Mai 2024

Natürlich war der Schmuckhof trotzdem schön, die Farben waren nur sehr viel leiser und die Vergissmeinnicht-Ränder in weiß, rosa und blau waren so vergeilt, dass sie mit Abstand eher wie Schleierkraut wirkten, das nichts mehr einzurahmen hatte.

Offensichtlich gab es diese Situation, in denen die Tulpen und Strauch-Päonien nicht mehr als Hauptprotagonisten im Mai ihre Aufgabe wahrnehmen konnten, weil das Klima sie zu früh zum Blühen animiert hatte, schon mehrmals in den letzten Jahren. Die Randbeete in Richtung Café waren nämlich komplett anders bestückt. Blaue Prärielilien, Storchschnäbel und Salbei, dazu weiße Margeriten, hohe Kugellauche und Beinwell bildeten ein nahezu blauweißes Karree-Beet, das von eingestreuten rotgelben kanadischen Akeleien aufgehübscht wurde.

Ich schaue mir die Pflanz-Karrees sehr genau an und stelle fest, dass dort fast ausschließlich mit Stauden gearbeitet wurde. Früher waren auch diese Beete mit wenigen Ausnahmen saisonal mit Annuellen und vielen Tulpenzwiebeln im Frühling bestückt gewesen. Diese Umplanung finde ich perfekt, denn die Beete werden sich noch prächtig entwickeln und wenn man die wenigen Stufen nach oben steigt, um auf den Weg der Eingangsebene zu gelangen, dann finden sich hinter blühenden Sträuchern ebenfalls Stauden im Übergang zur Ökologisch-Genetischen Abteilung.

Dactylorhiza majalis, Breitblättriges Knabenkraut – Panicum virgatum ‘Hänse Herms’, Ruten-Hirse und Euphorbien – Allium aflatunense, Aflatuner Lauch

Wir schlendern langsam durch den Gehölzsaum, der sich plötzlich öffnet und wunderschöne Blicke in Richtung der Farnschlucht und des Rhododendron-Haines an der Seite zum Nymphenburger Park hin zeigt. Aber wir gehen geradeaus weiter zum Anfang des Großen Teichs, von dem aus man auch in die geographisch gegliederten Bergregionen des Alpinums kommt. Wird das Alpinum denn wenigstens in Hochform sein?

Alpinum

Der heutige Botanische Garten verfügt über 21,2 Hektar Fläche, auf denen rund 16240 Arten und Sorten kultiviert werden. Da ist die Auswahl wahrlich groß genug, um sich eben auf die klimatischen Veränderungen einzustellen. Der Botanische Garten ist schließlich in nationale und internationale Forschungsprojekte eingebunden, denen er wichtiges Material und Daten liefert. Dank der Aufgabe, Wild- und Kulturpflanzen weltweit aus unterschiedlichsten Klimagebieten zu sammeln, zu untersuchen, zu kultivieren und auszustellen ist der Botanische Garten stets in der Lage gut auszusehen.    

Paeonia delavayi, Delavays Pfingstrose – Thermopsis lupinoides, Lupinen-Fuchsbohne, Meconopsis baileyi, Blauer Tibet-Scheinmohn

So ist es nicht verwunderlich, dass das Alpinum, allerdings schon beim zweiten Blühhöhepunkt des Jahres angekommen, uns mit seiner bunten Prachtentfaltung schon im flachen Teil begrüßt. Das Alpinum zeigt Pflanzen aus den Bergregionen unserer Welt. Nach geographischen Gesichtspunkten gepflanzt, stehen sie vor allem im späten Frühling in voller Blüte da und wollen bewundert werden.

Bereits 1901 wurde auf dem Schachen eine Außenstation gegründet. Dieser Alpengarten im Wettersteingebirge, in 1860 m Höhe, sowie das Alpinum im Botanischen Garten dienen in perfekter Symbiose der Forschung und Lehre.

Phyteuma nigrum, Schwarze Teufelskralle, Onosma tornensis, Dodecatheon pulchellum, Niedliche Götterblume

Begleitet mich doch bitte durch die Hochstaudenfluren der Alpen, die Bayerischen Ost- Zentral- und Süd-Alpen  –  die europäischen Gebirge Südeuropas, der Karpaten, Pyrenäen, Mittelmeergebiete und Balkanhalbinsel  –  die asiatischen Gebirge Südwest- Zentral- und Ostasiens, des Himalajas und Kaukasus  –  den Nord-Amerikanischen Gebirgen mit den Rocky Mountains  –  und nicht zuletzt die exotischen Pflanzen in den Gebirgen der Südhalbkugel Neuseelands, Südafrikas oder dem südlichen Südamerika.

Ich verspreche Euch, Ihr werdet dabei nicht aus der Puste kommen, aber vielleicht einige hübsche alpine Stauden entdecken, die Euch noch unbekannt waren. Genauso malerisch wie die alpinen Staudenpolster auf den Steinen, sitzt die Rabenkrähe auf einem Felsen und betrachtet ihre Umgebung. Die Eidechsen sonnen sich in geschützten Ecken zwischen Enzian und Felsenblümchen.

Aquilegia ecalcarata, Spornlose Akelei – Aquilegia flabellata, Fächerblatt-Akelei – Aquilegia canadensis, Kanadische Akelei

Sobald ich in das Alpinum eines Botanischen Gartens komme, mache ich mich auf die Suche nach Alpin-Formen der Akeleien, da ich die Naturstandorte in den Rocky Mountains oder den asiatischen Hochgebirgen nicht besuchen kann. Die abgebildeten Pflanzen der Gattung Aquilegia fand ich bei meinem jetzigen Besuch artenrein vor. Bei drei weiteren Arten hatte ich eher das Gefühl, vor Sämlingen zu stehen.

Androsace mollis, Weicher Mannsschild – Iris pallida ssp.cengialti, Monte-Cengialti-Schwertlilie – Draba rigida var. bryoides, Polstermoos-Felsenblümchen

Es bereitete mir ein ausgesprochenes Vergnügen, die schmalen Steige des Alpinums zu begehen, erinnerte ich mich doch noch mit Schauder an die gespenstische Atmosphäre, wo der Aufstieg komplett unterbunden war, da man hier zu Corona-Zeiten unmöglich Abstand halten konnte. Es war also diesmal ein doppelter Genuss und darum bleiben wir noch einen Augenblick hier, damit ich Euch eine ganz besondere Pflanze vorstellen kann.

Ramonda myconi, Pyrenäen-Felsenteller

Ramonda myconi, der Pyrenäen-Felsenteller, fällt optisch sofort ins Auge, wenn man ihn irgendwo entdeckt. Das liegt daran, dass es sich dabei um ein Tertiärrelikt aus dem südlichen Europa handelt. Der Felsenteller gehört zu den Gesneriengewächsen, die hauptsächlich in tropischen Gefilden gedeihen. Ein typisches Beispiel wäre etwa das Usambaraveilchen, Saintpaulia, das aus den gleichnamigen Usambara-Bergen Tansanias stammt. Die Gloxinie, Sinningia speciosa, dagegen, kommt ursprünglich aus den Regenwäldern Brasiliens. Ramonda hat tatsächlich als Überbleibsel wärmerer Epochen die Eiszeiten in geschützten Lagen überdauert und sich nach und nach an die raueren Klimabedingungen angepasst. Ein Versuch mit dieser attraktiven Staude lohnt auch in einem Privatgarten mit Felsen oder Steinmauer mit absonniger bis schattiger Lage.

Wer jetzt bedauert, dass der heutige Spaziergang im Alpinum schon zu Ende ist, der kann gerne auf den Link gehen und sich das Gelände mit der April-Blüte ansehen.

https://www.wurzerlsgarten.de/deutsche-gaerten/botanischer-garten-muenchen-alpinum

Farnschlucht und Rhododendronwald

Ich liebe Kontraste, also liegt es nahe, dass ich vom aufragenden, trockenen, vorwiegend sonnigen Alpinum zur Farnschlucht weitergehe. Ein kleiner Bach ist die Hauptader der Farnschlucht, er mündet in den Großen Teich. Usch und ich gehen gegen den Lauf des Bächleins, denn wir kommen ja vom Alpinum und dem Ende des Sees.

Auf den Fotos sieht man die mächtigen Blätter der verblühten Scheincallas und blühende Rhododendren, die schon einen einladenden Wink geben auf den Rhododendronhain, der sich der Farnschlucht nahtlos anschließt. In der Schlucht fallen am Wasserrand die unterschiedlichsten Etagenprimeln auf, von Primula japonica bis Primula purpurea sind viele Arten vertreten.

Arum nigrum, Dunkelkolbiger Aronstab – Allium ursinum, Bärlauch – Aquilegia buergeriana, Japanische Akelei

In der feucht-schattigen Atmosphäre der Farnschlucht ist unter Stieleichen und Kiefern ein einmaliges Biotop entstanden. Vielerlei Schattenpflanzen gilt es zu entdecken und für die Farne der gemäßigten Zonen ist hier ein wahres Eldorado entstanden. Ihre dekorativen, oft filigranartigen Wedel machen sie unverzichtbar für jeden Schattengarten. Zusammen mit den oft großflächigen Blättern weiterer Schattenliebhaber ergibt sich ein interessantes grünes Schauspiel in der Farnschlucht, mit einer sehr besonderen Wirkung.

Da ist natürlich der Farb-Kontrast, der uns am Ende der Schlucht erwartet, doppelt eindrucksvoll und stark. Wir spazieren durch den Rhododendronhain und saugen die Farben in uns auf. “Geistig konservieren und mit nach Hause nehmen” denke ich: “und daheim über meine eigenen Rhododendren hinter dem Bachhügel freuen”.

Die “Spaziergängerin” aus der Porzellan-Herstellung der Manufaktur Nymphenburg, die mich normalerweise am Zugang zum Rhododendron-Wäldchen begrüßt, verabschiedet uns heute. Ich bin froh, dass ich es, dank Usch endlich wieder geschafft habe, den Botanischen Garten in München zu besuchen und fand den Vegetations-Vergleich zu 2018 doch sehr interessant. Vielleicht möchtet Ihr den Botanischen Garten selbst real kennenlernen? Ich konnte Euch bisher nur einige Hauptbereiche virtuell vorstellen. Wer mag, kann sich insgesamt 18 Hektar Fläche mit 16 großen Teilbereichen erschließen. 5000 qm Schaugewächshäuser stehen zusätzlich bereit, von Euch entdeckt zu werden.

Botanischer Garten München

PLZ 80638 München, Menzinger Str. 65

Website: https://botmuc.snsb.de/

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Ein Kommentar

  • Susanna sagt:

    Vielen Dank für diese botanische Weltreise durch das Alpinum, Renate. Gerade dort ist die Artenvielfalt immer wieder beendruckend. Ich mag aber auch die Atmosphäre in der Farnschlucht sehr gern.
    Liebe Grüße Susanna

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