Opulente „jardin potager“ fand ich vor Jahrzehnten im „Schlosspark Villandry“ und dem „Château et Parc de Miromesnil“ in Frankreich. In bester Erinnerung sind mir auch die „kitchen gardens“ von „Mottisfont“ und „Barnsley House“ von Rosemary Verey in Großbritannien. Sie hatten beachtliche Größen und waren geschützt durch mächtige Steinmauern. Nicht selten dachte ich bei mir, wie schade, dass ich so einen „historischen Küchengarten“ nicht auch bei uns in Deutschland kenne. Dann bekam ich dieses Buch in die Hand!
Titel: „Historische Küchengärten im Rheinland“; Autorin: Stephanie Hauschild; 208 S.; 150 Farbfotos von Marion Nickig; Großformatiger Bildband; Leinen mit Schutzumschlag; Greven Verlag; ISBN 978-3-7743-0975-3; ET: 2024
– Buch-Rezension –
Küchengärten sind seit geraumer Zeit wieder gefragt. Es gibt auch genug Veröffentlichungen, die das Know-how eines Nutzgartens zum Thema haben. In diesem Band jedoch lebt die Historie und Kulturgeschichte der Küchengärten anhand praktischer Beispiele aus dem Rheinland wieder auf, beleuchtet Details und schafft Zusammenhänge, ohne den Leser zu einer trockenen, langweiligen Geschichtsstunde zu verdonnern.
Das Buch zeigt neun historische Gartenbeispiele und plaudert dabei über zweitausend Jahre Gartenkultur, die von der Römerzeit bis zur Nachkriegsgeschichte reicht. Stephanie Hauschild führt den Leser mit großem Fachwissen und leicht verständlichem, unterhaltsamen Schreibstil durch die Kulturgeschichte der rheinländischen Küchengärten.
Hoch über dem Rhein thront die „Marksburg“, Braubach. Hinter den Burgmauern versteckt sich ein schöner Garten.
An der Herberge des „Archäologischen Parks Xanten“ befindet sich ein „Römischer Garten“.
Die „Karlsgärten“ in Aachen, die in der Karolingischen Zeit entstanden waren, bildeten das historische Fundament für zwei Gärten in Aachen.
Der „Cäciliengarten“ im Museum Schnütgen, in Köln, ist eng mit dem Namen „Albertus Magnus“ verknüpft.
Die Zisterzienser zeichneten für die Gärten des „Klosters Kamp“ in Kamp-Lintfort verantwortlich.
„Jemöhs und Jedöns“ gibt es im Küchengarten von „Schloss Benrath“, Düsseldorf.
Über die Erfindung des Bauerngartens reflektiert das Kapitel über den Bauerngarten im Botanischen Garten des Schönwasserparks in Krefeld-Oppum.
Vom Neubeginn nach dem Krieg erzählt der Garten an den Nissenhütten im „LVR-Freilichtmuseum Kommern“, Mechernich.
Der Küchen- und Spalierobst-Garten im Park von „Schloss Dyck“, Jüchen, bewahrt alte Traditionen und sucht trotzdem nach neuen Wegen.
Die Symbiose, welche die klugen, interessanten Ausführungen der Autorin zusammen mit den opulenten, oft ganzseitigen Fotos der routinierten Garten- und Pflanzen-Fotografin Marion Nickig in diesem Buch entstehen lassen, macht diesen Bildband für mich zu einem harmonischen Gesamterlebnis. Die Bilder der Fotografin Nickig stellen den Betrachter mitten in die Gartenszenerie hinein. Doch schon auf der nächsten Seite betrachtet sie die Details eines bunten Mangolds, zeigt schlichte, weiße Kartoffelblüten, oder den roten Wasserfall des Garten-Amaranth. Somit stehen wir nicht einfach mitten in einem der neun historischen Gärten, sondern dürfen uns auch bücken, um die wunderbaren Pflanz-Porträts mit ihrem unterschiedlichen Charakter und Habitus wahrzunehmen.
Wie gut, dass wir auch in Deutschland solche Küchengarten-Adressen aufzuweisen haben. Dank diesem Buch kenne ich sie jetzt.
6 Kommentare
Das Titelfoto zwingt mich geradezu, dieses Buch genauer anzuschauen. Habe ich doch im vergangene Oktober längere Zeit neben diesem schönen Gewächshaus in eben diesem Küchengarten gesessen und mich dabei in die Gärten meiner Kindheit zurück geträumt. Fast alle Gärten, die ich damals kannte, waren Nutzgärten. Garten, das war in erster Linie Gemüse, Kartoffeln, Obst. Und Blumen für den Friedhof und für Namenstage. Der Garten,den mein Vater beruflich bewirtschaftete, sah dem Küchen- und Spalierobst-Garten im Park von „Schloss Dyck“ sehr ähnlich: lange Reihen unterschiedlichster Gemüsearten und Obst in Spalieren gezogen. In deutlichster Erinnerung an diesen Garten ist mir eine alte Ziegelmauer, an der mein Vater Aprikosen und Birnen in waagerechten Palmetten zog. Dieser Garten könnte heute vielleicht auch einen Platz in diesem Buch haben wenn er noch existieren würde. Er gehörte zu einem alten Benediktinerinnen Kloster in Neuwerk (Mönchengladbach) und befand sich in unmittelbarer Nähe zur romanischen Klosterkirche die vermutlich im Jahr 1135 eingeweiht wurde. Leider musste er schon in den sechziger Jahren Neubauaßnahmen weichen. Es findet sich nicht mehr die geringste Spur davon. Danke für den Hinweis auf diese Buch Renate. Das werde ich mir bald genauer anschauen.
Sehr gerne liebe Marie Christine, was Du beschreibst, ist tatsächlich in diesem Buch auch präsent. Ich bin wirklich froh über dieses Buch, da ich tatsächlich Jahrzehnte lang glaubte, so eine “Küchengarten-Atmosphäre” gibt es nur in England oder Frankreich zu sehen. Ich wünsche Dir eine gute Restwoche. LG Wurzerl
Ich bin gespannt auf dieses Buch,liebe Renate! Ich bin ganz verzaubert von Küchengärten und versuche Schönheit und Nützlichkeit im Landgarten in Witzleben umzusetzen.
Wundervoll finde ich den in Veitshöchheim und den von Schloss Ippenburg, den ich aber leider nur aus ” Gartenträume” kenne…
Wenn du dieses Buch für das Adventsrätsel organisieren kannst, gibt es gewiss viele Bewerber… 😁
Vielen Dank für diese Rezension und Leseempfehlung! Küchengartengrüße! Manuela
Liebe Manuela, ich glaube nicht, dass ich dieses kostbare Buch für die Adventrätsel vom Verlag zur Verfügung gestellt bekomme. Wer es kauft, der hat, gerade wenn er sich für die Küchengarten-Historie interessiert, so viel Input und Infos, dass es viel zu schade wäre, es einfach zu verlosen und es dann an jemanden geht, der sich so gar nicht für Küchengärten interessiert. Dazu ist es einfach zu schade. Und das Silvesterfüllhorn, das sich in diesem Fall angeboten hätte, habe ich ja für die Zukunft gestrichen. LG Wurzerl
Es war nur ein Gedanke. Die anderen ersten Gedanken waren mir wichtiger. Hab gedacht, darauf würdest du reagieren…Schade…
Liebe Manuela, ich schrieb in meiner Rezension, dass ich gar nicht wusste, bevor ich das Buch las, dass wir in Deutschland so wunderbare historische Küchengärten haben. Ich kenne auch nicht den Küchengarten von Veitshöchheim oder Ippenburg. Und… ich kenne auch nicht den Landgarten in Witzleben. Ich kann nur auf Gedanken antworten, deren Grundlagen ich kenne. Ich kenne jetzt das Buch und finde es gerade für Dich, wenn Du in Witzleben so eine wunderbare Atmosphäre anstrebst, als sehr geeignet. Denn in den aufgeführten Küchengarten-Anlagen gibt es völlig unterschiedliche Ansätze, z.B. bei der Pflanzenauswahl, oder der Begründung, warum historische Pläne einbezogen wurden, oder für die Jetztzeit nicht mehr praktikabel sind. Genau diese Bestandsaufnahmen mit Angabe der Gründe machen dieses Buch in meinen Augen für Fans historischer Anlagen so wertvoll, auch im Hinblick auf eigene Planungen und Überlegungen. Da ich also alle von Dir genannten Gärten einschließlich Deinem nicht kenne, worauf hätte ich bitte Deiner Meinung nach reagieren sollen? Das kann ich definitiv in dem Moment, in dem ich in Deinem Garten stehe und Du mir Deine Gedanken zu Pflanzen und Gestaltung erklärst, dann können wir darüber reden. LG Wurzerl