Das Pflanzenparadies ‘The Garden House’ in Yelverton, Devon

The Garden House in Yelwerton, Devon

Ankommen in ‘The Garden House’, Yelverton, Devon

Wir haben gerade eine stimmige, atmosphärisch dichte Bus-Fahrt durch den Nationalpark der Hügellandschaft des “Dartmoors” hinter uns. Die Wiesenflächen bilden den Lebensmittelpunkt für die Dartmoor Ponys, eine sehr alte Rasse, die bereits seit dem 11. Jahrhundert in der Provinz Devon im Südwesten Englands lebt.

Bestens gelaunt, steigen wir nach diesem landschaftlichen Höhepunkt in Yelverton, einem Dorf am südwestlichen Rand von Dartmoor, aus dem Bus aus.

Wir besuchen heute Nachmittag ‘The Garden House’ und ganz ehrlich, ich habe diesen Garten bei meiner Vorbereitung komplett übersehen und stolpere darum von einer positiven botanischen Überraschung in die Nächste. Auf meinen kontrastreichen Spaziergang möchte ich Euch gerne mitnehmen.

Nach dem Naturerlebnis in der kargen Moor- und Heidelandschaft sind meine Augen im Garten fast überreizt. Stattliche, oft exotische Baumcharaktere wechseln sich mit üppigen Blumenwiesen ab. Die Gegensätze von Licht und Schatten sind bis in das letzte Detail ausgearbeitet und breiten sich auf 10 Hektar Garten in den Hügelausläufern des Dartmoors aus.

In den 1940er Jahren kauften Lionel und Katharine Fortescue das harmonisch in die Landschaft eingebettete Anwesen. 40 Jahre lang schufen sie einen Garten, der bis heute als besonders schön angesehen wird. Seine Individualität konnte der Garten halten, da das Ehepaar eine unabhängige, eingetragene Wohltätigkeitsorganisation gründete, und ihr Haus und Garten vermachten, um diese schöne Anlage auch für zukünftige Generationen zu erhalten. Seit den 1980er Jahren betreut die Wohltätigkeitsorganisation, inzwischen von einem Kuratorium beaufsichtigt, das Erbe der Fortescues im ‘Fortescue Garden Trust’.

Vom “Langen Weg” zum Sommergarten, dem Steinbruch-Garten bis zum Magischen Zirkel

Der “Lange Weg” erstreckt sich vom Haus und den Rasenflächen weg in den Sommergarten. Ich laufe durch eine sonnig gelegene Traumlandschaft, mit wogenden Blumenwiesen, durchsetzt mit blühenden oder auffällig geformten Gehölzen, durch ‘The Dell’, lasse ‘The Cottage Garden’ unter mir, um mich nach oben zum Gehölzrand zu begeben und dort in einen wohltuenden Halbschatten einzutauchen. Am Wassergarten gehe ich vorbei und komme zum Steinkreis und dem “Magischen Zirkel”.

Ich genieße die wogenden Gräser und Wildstauden genauso, wie die üppige Unterpflanzung zwischen den Bäumen. Kein Foto kann wiedergeben, was ich hier alles entdecken darf. Ich wünsche mir gerade, dass ich ein Schmetterling wäre, der unbeschwert durch das Blütenmeer der Wildblumen taumelt.

Das ‘Garden House’ ist das ehemalige Wohnhaus der Pfarrer von ‘Buckland Monachorum’. Das im frühen 19. Jahrhundert erbaute Haus beherbergt heute Teestuben und Büros. Die Geschichte des Grundstücks ist eng mit der von ‘Buckland Abbey’ und der örtlichen Kirche verknüpft. 1305 baute der Abt, auf Geheiß des Bischofs, hier ein Haus für den Gemeindepfarrer.

Nach der Auflösung des Klosters wurde der Abt selbst Pfarrer von ‘Buckland Monachorum’. Anfang des 18. Jahrhunderts bestand das Pfarrhaus aus einem stattlichen dreistöckigen Wohnhaus, das sich im heutigen Bereich des Mauergartens befand. Ein Turm und eine strohgedeckte Scheune, früher die Küche, sind die letzten Überreste des ursprünglichen Gebäudes.

In den 1920er Jahren wurde ein modernes Pfarrhaus gebaut und ‘The Garden House’ ging endgültig in Privatbesitz über. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erwarben Lionel und Katharine Fortescue das Anwesen.

Inzwischen bin ich im ‘Quarry Garden’, dem Steinbruch angekommen. Untypisch liegt in diesem bewegten Gelände, im Halbschatten der Baumkronen, der Wassergarten. Eine geheimnisvolle Magie herrscht an diesem Platz, die von der Auswahl charakterstarker Gehölze und exquisiter Stauden profitiert. Diese mystische Stimmung begleitet mich bis zum magischen Zirkel.

Von der Ahorn-Lichtung über die Wildblumen-Wiesen und dem Jungle Path zum Cottage Garden

Ich komme am Gartenende an. Hinter dem Zaun weiden Jersey-Milchrinder, genauso, als wäre die Zeit stehengeblieben, als Lionel und Katharine den Garten renovierten, weiterentwickelten, daneben eine florierende Gärtnerei betrieben, und eben eine Herde dieser Rinder besaßen.

Der hintere Gartenteil lässt viele Blicke in die Landschaft zu. Die Ahorn-Lichtung ist in der Gehölzhöhe so geschickt gestaffelt, dass immer wieder schöne “Vistas” hinaus möglich sind. Die filigranen Blätter der unterschiedlichen Ahornbäume schaffen eine ganz eigene Atmosphäre. Ich würde sie zu gerne einmal im “Indian Summer” erleben. Aber sie sind sicher auch sehr reizvoll, wenn im März der Krokusteppich unter ihnen ausgelegt wird, oder ein bis zwei Monate später die Rhododendren und Azaleen ihre Blüten mitten in der Ahorn-Lichtung ausschütten.

Irgendwie erinnert mich die Dynamik, die von ‘The Garden House’ ausgeht, an diejenige von “Great Dixter”. Auch dort fiel die Wahl nicht auf den National Trust, sondern es wurde ebenfalls eine Privatstiftung auf die Beine gestellt und es gibt auch eine weitere Übereinstimmung, nämlich die langen Beschäftigungszeiten der Chefgärtner. Auch wenn die Gärten völlig unterschiedlich gestaltet und bepflanzt sind, so ist der Wille zu einer gewissen Konstante, gepaart mit der Experimentierfreude bis heute Neues zu probieren, in jedem Abschnitt der beiden Gartenareale zu erkennen. Es ist für mich, genau wie Great “Dixter”, ein wirklich spannender Garten!

Eine typische Ecke für diesen Mix aus Bewahren und Weiterentwickeln finde ich beim Zurückgehen über die Wildblumenwiese zum ‘Cottage Garden’. Wildblumen- und Gräser-Pflanzungen sind ja von Haus aus dynamisch und verändern sich naturgemäß jedes Jahr. Das gleiche gilt aber auch für die Sommerblumen-Bepflanzung innerhalb der Mauerruinen eines alten Bauernhauses. Die naturnahe Ausstrahlung und das friedliche Sein dieses Gartens werden nur durch das demonstrative Summen der Bienen unterbrochen.

Von der Wisteria Bridge in den Walled Garden und zurück zum Ausgang über die untere Terrasse und das Bowling Green.

Ich laufe den “Dschungel Pfad” entlang und gelange zur Blauregen-Brücke. Schon von weitem erkenne ich den “Ummauerten Garten”, mit einem kleinen Häuserensemble und dem Turm.

Ich trete ein und wie so oft in Mauergärten, z. B. denen von “Sissinghurst” oder “Mottisfont Abbey”, fühle ich mich sofort geborgen und habe das Gefühl, an einem behüteten Ort zu sein. Ein wenig erstaunt bin ich aber doch, ich hätte nicht gedacht, dass das auch bei einem 2 Hektar großen Mauergarten funktioniert.
Hier finden sich die Überreste des Pfarrhauses aus dem 16. Jahrhundert, das ich weiter oben schon erwähnt habe. Der “Ummauerte Garten” verzeichnet seinen saisonalen Höhepunkt im Sommer und Herbst. Aber auch ohne die Vielzahl an Dahlien und spät blühenden Stauden, gefällt es mir hier besonders gut.

Neben den blauen und weißen Wisterias drängen sich die starken Farben von Geum coccineum und Iris hollandica genauso eindringlich ins Bild, wie die Zartheit eines Geraniums phaeum, das mit dem Braunen Storchschnabel farblich nichts mehr gemein hat. Das möchte ich nun von oben betrachten, also steige ich die Wendeltreppe im Turm hinauf.

Ich genieße den Blick in alle Richtungen, gerade weil mir immer wieder große Wisteria-Blütendolden vor meiner Nase herumtanzen. Die Signalfarben der cremegelben Päonie oder der persischen Rose erreichen mich auch an meinem erhöhten Standort.
Einige Beet-Teile bewahren die Natürlichkeit der Wildblumenwiese, auch wenn die Pflanzenauswahl raffiniert und teilweise ungewöhnlich ist. Die Wechselwirkung zum Formschnitt der vorhandenen Hecken und immergrünen Solitäre ist typisch für diesen Gartenteil. Nur nicht in langweiliger Routine erstarren!

Eigentlich hätte ich nun gerne am gegenüberliegenden Ausgang den Ummauerten Garten verlassen, um noch den schönen großen See und das Arboretum zu durchlaufen. Das sogenannte “Jubilee Arboretum” wurde erst 2013 von der Gräfin von Wessex offiziell eingeweiht. Es enthält über hundert Bäume, die aus den gemäßigten Zonen der Welt eingeführt wurden. Leider bin ich in Zeitnot geraten. Von zu vielen Plätzen im Garten konnte ich mich einfach nicht schnell genug losreißen.

Ich benutze darum den Durchgang im Turm und stehe auf dem alten Tennisplatz. Als solcher hat dieser Bereich ausgedient und ich kann abschließend noch ein “Gartenzimmer” genießen, mit einem ruhigen, englischen Rasenteppich, der rundum stilvoll von großen Blumenbeeten umgeben ist.

Mit Bedauern verlasse ich den Garten, insgeheim hoffend, dass ich ihn erneut zu einer anderen Vegetationszeit noch einmal besuchen kann. Es gibt einfach Gärten, die süchtig machen, dieser gehört definitiv dazu.

The Garden House

Adresse: Buckland Monachorum, Yelverton, Devon. PL20 7LQ
Kontakt: 00441822 854769 Mail-Adr.: office@thegardenhouse.org.uk

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6 Kommentare

  • erna sagt:

    Vielen lieben Dank liebe Renate
    für den schönen Bericht. Von der Ahorn-Lichtung über die Wildblumen-Wiesen ist gerade vollkommen mein Thema. Danke für die Bilder und die Inspiration. Liebe Grüße aus Ostfriesland

    • Das Wurzerl sagt:

      Das freut mich liebe Erna, aber klar, dass Du als “Frau vom Fach” gleich die raffinierten Besonderheiten dieses Gartens durchschaut hast. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende LG Wurzerl

  • Monika Holzapfel sagt:

    Danke für diesen wunderschönen Bericht mit diesen einzigartigen Bildern, ja, wenn man manchmal ein Schmetterling wäre…
    Ich kann mir gut vorstellen dass es auch fantastisch riechen muss, vor allem die Moore, die Wildblumen und der Duft der Gräser …herrlich!
    Liebe Grüße aus Inning sendet Dir Monika

    • Das Wurzerl sagt:

      Herzlichen Dank liebe Monika, ich denke mir oft bei entsprechenden Fotos, wie schön das doch wäre, wenn man die Pflanzen riechen könnte. LG Wurzerl

  • Susanna sagt:

    Vielen Dank für den Ausflug in diesen besonderen Garten, liebe Renate. Die alten Gemäuer strahlen einen zusätzlichen Charme aus. Da möchte ich am liebsten gleich hinfahren.
    Liebe Grüße
    Susanna

    • Das Wurzerl sagt:

      Das kann ich gut nachvollziehen, ich habe auch eine Schwäche für etwas morbide Gemäuer. Wünsche Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl

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