Die Familie Throckmorton auf dem Landsitz Coughton Court
Seit dem Jahr 1409 ist die Familie Throckmorton bereits in Coughton Court ansässig. Umgeben von 25 Hektar Land präsentiert sich das denkmalgeschützte historische Tudor-Landhaus im stolzen Bewusstsein seiner langen, wechselvollen Geschichte. Das Ensemble mit der langen Zinnen-Fassade in Richtung Straße, in dessen Zentrum das Torhaus aus der Zeit nach 1536 heraussticht, wird von Flügelbauten im gotischen Strawberry Hill-Stil flankiert. Auffällig sind die sechseckigen Türmchen und Erker im Stil der englischen Renaissance, die das ‘Gate House’ schmücken.
Innenhof, Courtyard von Coughton Court
Das Torhaus wurde aus Steinen der beiden Klöster Bordesley Abbey und Evesham Abbey in Worcestershire gebaut, die von König Heinrich dem VIII. während der Englischen Reformation konfisziert wurden. Ursprünglich war der Innenhof an allen vier Seiten geschlossen, aber 1651 verbrannten Soldaten während des englischen Bürgerkrieges den Vierten, den Ostflügel, mitsamt den wichtigsten Familienpapieren.
Zugang zum Courtyard von Coughton Court
Die Stellung der Familie wurde unter König Heinrich VIII. sehr schwierig, da sich bei dessen Scheidung Throckmorton auf die Seite von Katharina von Aragon schlug. Als sich dann der Erbe von Coughton Court weigerte, an anglikanischen Gottesdiensten teilzunehmen und die praktizierenden Katholiken ein Versteck für katholische Priester, das sogenannte Priesterloch am Haus anbrachten, da wurde die finanzielle Situation der Familie immer schwieriger. Erst nach der Verabschiedung des römisch-katholischen Entlastungsgesetzes von 1829 konnte sich die Familie Throckmorton längst überfällige Bauarbeiten leisten, in der die Westfassade völlig umgestaltet wurde. Der vierte Flügel wurde nicht mehr ersetzt.
Der Eingang zum Torhaus führt zu den Treppen auf den Aussichtsturm.
Schon seit 1946 befindet sich das Haus im Besitz des National Trust. Die Familie hält jedoch einen 300-jährigen Pachtvertrag. Als Clare McLaren-Throckmorton das Anwesen 1992 erbte, begann sie mit ihrer Tochter, Christina Williams, einer gefeierten Gartendesignerin in Großbritannien, einen Garten anzulegen. Das schöne Haus, das so idillysch in diesem weitläufigen Gelände direkt an einem See und einem Fluss liegt, bekam so relativ spät einen würdigen Gartenrahmen. Schon vom Turm oben kann ich erste wichtige Details erkennen und so laufe ich schnell wieder hinunter, um mir den schönen Garten aus der Nähe zu betrachten, der inzwischen mehrere internationale Garden Awards eingeheimst hat.
Blick vom Turm auf die beiden Allee-Achsen und den formalen Garten, sowie den Courtyard.
Die Gärten des Anwesens
Vom Courtyard zum formalen Garten
Schon der Eingangsbereich zum Anwesen begeistert mich. Ein Meer von kleinen gefüllten, weißen Rosen, durchzogen von frischgrünem Frauenmantel und seitlich flankiert von schmalen Staudenbeeten, behauptet sich im Großteil des länglichen Innenhofes. Ein schlichtes Wasserbecken, geformt wie ein vierblättriges Kleeblatt, unterbricht das großzügige Wegkreuz. Basierend auf den elisabethanischen Knotengärten, spiegelt sich im Courtyard das Tudor-Torhaus wider. Als ich vom Turm heruntersteige, schaue ich mir die üppigen Rosenbeete noch einmal an, diesmal aber mit dem Blick zum Formalen Garten, wo ich auch als nächstes hingehe.
Goldener Senkgarten – Lindenallee mit Weg zum Senkgarten – Silberner Senkgarten
Der Formale Garten besitzt zentral mittig eine große Rondell-Hecke, deren Öffnungen den Blick über die Wiese und das Ha-Ha hinweg, direkt in die Landschaft leiten. Ich laufe durch eine der beiden parallel angelegten Linden-Alleen, deren Ende jeweils mit einem charmant, romantischen Rondell-Gärtchen markiert ist. Die beiden Gärten sind als sogenannte Senkgärten angelegt. Die Bepflanzung wurde so trefflich ausgewählt, dass man nicht lange überlegen muss, ob man sich im “The Silver Sunken Garden” oder im “The Golden Sunken Garden” befindet.
Um zum großen Mauergarten zu gelangen, wähle ich den sich seitlich anschließenden hinteren Weg, der mich ein Stück am See entlang führt.
Walled Garden
Das “Rosenlabyrinth” im Mauergarten
Der Walled Garden wurde 1996 von Alan Titchmarsh eröffnet. Eine Reihe von Gartenräumen, z.B. das Rosenlabyrinth, der Frühsommergarten, der Poolgarten, oder der Hot and Cool Garden, bilden das große Herzstück der Gartenanlage von Coughton Court Gardens.
Der Rosengarten, Rosenlabyrinth genannt, gilt als einer der schönsten der Welt und bekam als erster britischer Garten den Award of Garden Excellence von der World Federation of Rose Societies. Wie der Name Rosenlabyrinth schon andeutet, ist es nicht ganz leicht, hier größere Überblickfotos zu machen, schön wäre in der Tat eine erhöhte Ansicht von einer Mauerplattform aus. Aber das würde wieder die Harmonie des Gartens stören. Ich denke sowieso, hinfahren kann durch kein noch so informatives Foto ersetzt werden.
Über 200 verschiedene Strauch- Kletter- und Englische Rosen kann man hier bewundern und in die Duftmischungen vor allem der alten Rosen eintauchen. Wie soll also ein Foto Augen und Nasen zufriedenstellen.
In der Mitte des Labyrinths befindet sich die Statue ‘Fair Rosamund’ eingehüllt in die historische Rose gallica ‘Rosa Mundi’. Rosamund Clifford, eine Geliebte von König Heinrich II. wurde im Labyrinth von Woodstock von Königin Eleanor vergiftet, so eine lange anhaltende Mär. Erst im 19. Jhdt. wurde dies als fälschlich bewiesen. Wenn man sich die Geschichte des Hauses Coughton Court anschaut, darf man sich nicht wundern, wenn an der alten Version der Geschichte festgehalten wird.
“Hot and Cool Garden” im Mauergarten
Der Hot and Cool Garden ist nach den unterschiedlichen kühlen und heißen Farbthemen der zwei besonders langen Staudenrabatten benannt.
Dieser prächtige Garten ist dem Andenken an Prof. Alphonsus d’Abreu, dem Vater von Clare McLaren-Throckmorton, der Besitzerin von Coughton Court gewidmet.
“The Ladies Garden” im Mauergarten
2016 wurden der Rote und Weiße Garten zusammengefasst und mit modernem Ambiente versehen in “Ladies Garden” umgetauft.
The Early Summer Garden and The Pool Garden
Den Early Summer Garden, Frühsommer-Garten beherrschen Wisterias, die als Bäume gezogen sind. Sie bilden Inseln im Rasen und sind mit Paeonien und einer Buchs-Einfassung wie ein vierblättriges Kleeblatt geformt, umgeben.
Im Pool Garden steht eine Skulptur von Rosie Musgrave – als “Tsunami Noni” bezeichnet. Sie wurde aus einem einzigen,140 Millionen Jahre alten Stück Kalkstein geschnitzt. Die Skulptur erinnert an die Tsunami Opfer 2004 in Asien.
Dann wären da noch…
Riverside Walk und Seegarten
Hätte ich nur mehr Zeit, dann würde ich sicher erst einmal rund um den Teich und am Flussufer entlang spazieren. Im Frühling wird es dort mit über einer Million Narzissenzwiebeln richtig spektakulär. Der goldene Blumenteppich darf sich nicht nur neben dem Flussufer, sondern auch in einem neuen Narzissengarten ausbreiten, der zum 600-jährigen Bestehen der Throckmortons in Coughton Court angelegt wurde. Es gibt dort über 20 verschiedene Sorten der Throckmorton-Narzissen zu sehen, die ein amerikanischer Verwandter gezüchtet und 2005 nach Coughton Court gebracht hatte.
Bog Garden, der Moorgarten
Das nächste Ziel wäre der hochinteressante, schön angelegte Moorgarten, der Bog Garden. Die Umrundung des Sees bietet durchwegs harmonische Aspekte und der Spaziergang am Riverside Walk, der auch durch ein Waldgebiet mit dem Bluebell Wood Walk führt, hätte mich dann direkt in den Moorgarten gebracht. Ein Holzsteg durch diesen Garten bringt die Farne, Hostas und einheimischen Sumpfpflanzen, die sich dort befinden, ganz nahe zum Betrachter.
Die Glashäuser, der Küchengarten “Vegetable Garden”, der Obstgarten “Orchard”
Ich ginge auch zu den Glashäusern, in denen unter anderem auch Verkaufspflanzen von den Gärtnern gezogen werden. Daneben wäre noch das große Areal des Küchengartens, Vegetable Garden, zu erkunden. Der Chefgärtner Sam Tippens hat den Gemüsegarten von Coughton Court angelegt. Traditionelles Gemüse der Region wird hier völlig chemiefrei für den Koch des Hauses produziert, der es dann für die Familie Throckmorton frisch auf die Tafel bringt.
Daneben ist der fast viermal so große angrenzende Obstgarten, der Orchard. Warwickshire ist ein traditionelles Obstanbaugebiet. Darum sind hier alte Apfel- und Birnensorten aufgepflanzt. An den Wänden gedeihen Pflaumen und Kirschen. Quitten, Mispeln oder die Worcestershire Black Pear bringen auch ungewöhnlicheres Obst in diesen Gartenbereich.
Anyway – ich habe genug gesehen, um Euch diesen Park gleich für mehrere Jahreszeiten gerne zum Besuch zu empfehlen.
Coughton Court, Coughton, Alcester B49 5JA, Warwickshire,
Tel. -01789762542, E-Mail : office@throckmortons.co.uk
8 Kommentare
Liebe Renate,
vielen Dank für diesen “Ausflug” nach England – ich würde auch sooo gern mal wieder hinfahren und einige Gärten dort erkunden. Ein wunderschöner Garten; interessant, dass er erst so spät entstanden ist!
Liebe Grüße aus meinem Garten,
Susanna
Ja liebe Susanna, ich vermisse “Good old England” auch sehr. Irgendwann sind wir auch wieder da! Bis dahin gibt es halt leider nur virtuelle Besuche. Ich wünsche Dir eine gute Restwoche. LG Wurzerl
Gartenreisen nach Großbritannien sind immer wunderbar. Schön, dass Du uns während dieser schwierigen Zeit mit auf Entdeckungsreise nimmst. Diese Gartenräume sind ja erst sehr spät entstanden, vielleicht auch deshalb so phänomenal angelegt. Die Gartenzimmer schmiegen sich wunderbar an das Haus und in die Umgebung. Ein toller Reisetipp. Ich hoffe, ich kann bald wieder auf die Insel. Dort ist es einfach wunderbar!
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende und freue mich schon auf den Gegenseitigen Gartenbesuch im nächsten Jahr.
Liebe Grüße aus dem herbstlichen Laupheim.
Sven
Lieber Sven, mein Handycap ist, dass ich zwar überall gerne Auto fahre, aber Rechtsverkehr für mich tabu ist. Dadurch ist man natürlich doppelt angehängt. Aber ich hoffe sehr, dass es irgendwann wieder eine Normalität gibt, dass eine entspannte Gartenreise möglich wird. Auf unser gegenseitiges Garten-Fotoshooting freue ich mich auch schon sehr, lach. Habt ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Ich muss gestehen, noch keinen der berühmten Gärten in England gesehen zu haben. Danke für deine tollen Eindrücke aus diesem tollen Garten!
Viele Grüße
Elke
Nun, was man nicht kennt, danach kann man nicht süchtig werden liebe Elke. Das ist in Zeiten wie diesen durchaus auch von Vorteil.
LG Wurzerl
Gigantisch! Solche Anlagen sind unglaublich faszinierend. Allerdings steckt da auch sehr viel Arbeit darin.
Da bin ich wieder froh, um meine beiden relativ kleinen Gärten.
Viele Grüße von
Margit
Oh ja, schauen und genießen, sehr gerne, aber dann mit großer Freude auf meine 180 qm Scholle zurückkehren, da bin ich voll bei Dir liebe Margit. LG Wurzerl